SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Einmal ewiges Leben bitte! Sehr gerne. Ewiges Leben, wird immer gerne bestellt.“

So hat sich meine Frau mit der Kellnerin in einem kleinen Café unterhalten. Ich muss wohl ein bisschen verdutzt ausgeschaut haben. Denn die beiden haben mir dann erklärt, dass das ein Tee ist. Grünteemischung Ewiges Leben. Gut. Als Kaffeetrinker, habe ich mir die Teekarte nicht wirklich angeschaut. Trotzdem kann ich mir gut vorstellen, dass das gerne bestellt wird.

Ewiges Leben. Das klingt doch auch verlockend, oder?
Nie alt werden. Keine Wewehchen bekommen. Das Leben festhalten. Jetzt, hier und heute …

Unser Leben dauert ungefähr siebzig Jahre oder, wenn wir bei Kräften sind, auch achtzig.[1] So heißt es schon in einem Gebet in der Bibel. 70 oder sogar 80 Jahre das war natürlich zur Zeit der Bibel ein selten hohes Alter. Heute ist 70 oder 80 ja nichts Ungewöhnliches mehr. In Deutschland sind es laut einer Studie schon über 14000 Menschen, die über 100 Jahre alt sind.[2]

Und trotzdem wird kein Mensch ewig leben. Das war auch dem Menschen klar, der dieses Gebet gesprochen hat. Ihm war klar: Das Leben dauert 70 oder allerhöchstens 80 Jahre. Ihm ging es darum, wie kurz und zerbrechlich das Leben ist. Vor allem im Vergleich zu Gott. Gott ist ewig. Er war schon da als die Welt entstanden ist. Und er wird auch in Zukunft immer da sein. Wir Christen glauben: Er hat die Menschen geschaffen und zu ihm kehren wir wieder zurück, wenn wir sterben. Die ziemlich kurze Zeit dazwischen – daran denkt der Mensch in diesem Gebet. „Lass uns begreifen, welche Zeit wir zum Leben haben – damit wir klug werden und es vernünftig gestalten.“[3]

Gerade weil mein Leben nicht ewig ist, ist es so kostbar. Ich kann und will es genießen und gestalten. Ich glaube, wenn ich mir das immer wieder klar mache, dann lebe ich mein Leben bewusster. Kann vieles vielleicht ein bisschen gelassener sehen. Mache mir vielleicht ein bisschen weniger Sorgen um die Zukunft. Gehe öfter mit meiner Frau ins Café.

Nein. Ewiges Leben bestelle ich dann nicht. Ich bin zufrieden mit der Zeit die mir geschenkt ist. Und da versuche ich das Beste draus zu machen.



[1] Psalm 90,10.

[2] Zensus-Studie 2011.

[3] Psalm 90,12.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23777
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