SWR3 Gedanken

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Die Gräber auf den Friedhöfen sind mit besonderer Liebe geschmückt und gepflegt. Besonders viele Leute besuchen heute den Friedhof, um sich an ihre Lieben zu erinnern.

Heute ist Allerseelen. Die katholische Kirche gedenkt an diesem Tag aller Verstorbenen.

Auch Wolfgang setzt sich heute wieder ans Grab seiner verstorbenen Frau. Ihr Name ist Rosa. Er will bei ihr sein. Sie war seine große Liebe. Die beiden haben sich erst spät kennengelernt, und die Zeit zusammen ist nicht allzu lang gewesen. Seit vier Jahren geht das so - täglich. Bei Sonne oder Eiseskälte sitzt er hier.  Auch heute.

Wolfgang kommt aber auch hierher, um Friedhofs-Bekanntschaften zu machen und sich zu unterhalten. Die Leute, die hierher kommen, grüßen ihn, plaudern und erzählen: Die Kerze ist ja schon wieder ausgegangen und die Blumen müssen mal wieder gegossen werden und der Sohn ist endlich wieder aus dem Urlaub zurückgekommen. Wolfgang wartet ab. Er sagt: „Man weiß ja nie, was sein wird, alles ist möglich.“ Vielleicht trifft er ja hier auf dem Friedhof eines Tages jemanden, mit dem er nicht nur kurz reden kann. Vielleicht sogar eine Frau für den Rest seines Lebens. Ausgerechnet dort, wo seine alte Liebe ruht. 

Durch den täglichen Besuch auf dem Friedhof geht Wolfgang ganz selbstverständlich mit dem Thema Tod und Sterben um. Der Tod von Rosa hat ihre Beziehung beendet. Rosa wird immer Teil von ihm  sein. Er hofft, ihr einmal wieder zu begegnen. Aber Wolfgang weiß auch: Sein Leben hier geht weiter. Die Zeit, die er noch hat, möchte er voll ausschöpfen. Er ist jetzt bereit, sein Herz für eine neue Liebe zu öffnen. Und wer weiß, welchen/-m Menschen er heute, an Allerseelen,  auf dem Friedhof begegnet.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23042
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