SWR3 Gedanken

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Liebe geht bekanntlich durch den Magen. Aber nicht nur die. Gute Nachbarschaft offensichtlich auch. Diese Erfahrung hat Stephanie Quitterer gemacht. Im Stadtteil Prenzlauer Berg in Berlin. Als „Zugezogene“ wollte sie nicht in einer anonymen Großstadt leben, wo keiner keinen kennt. Deshalb hat sie Kuchen über Kuchen gebacken und ist damit monatelang um die Häuser gezogen. Hat einfach bei den Nachbarn geklingelt und darauf gehofft, dass man ihr die Tür öffnet. 

 

Und ihre Kuchentouren hatten Erfolg. Sie war zu Gast bei Berliner Originalen, bei bekifften Jugendlichen, bei Wohlstandsbürgern. Ihre Begegnungen waren manchmal spannend, manchmal skurril und manchmal rührend. Aber sie waren vor allen Dingen nachhaltig. Auch wenn manche Türen zu blieben, sind doch Beziehungen entstanden. So dass der Prenzlauer Berg im großen Berlin für Stephanie Quitterer fast so etwas wie ein Dorf geworden ist. Wo man sich grüßt, kennt, für ein Schwätzchen stehen bleibt. Wo man sich zu Hause fühlen kann. 

 

So wie Stephanie Quitterer geht es vielen Menschen. Nicht nur in Berlin. Es gibt jede Menge Wohnviertel in Deutschland, wo man jahrelang leben kann ohne zu wissen, wie eigentlich der Nachbar schräg gegenüber heißt. Da vereinsamen Menschen, weil nie irgendeiner an der Tür klingelt. Ob mit oder ohne Kuchen. 

 

Deshalb gefällt mir Stephanie Quitterers Aktion. Sie ist zupackend und freundlich. Aber sie ist auch zeitintensiv. Ich werde es nicht schaffen, all meine Nachbarn mit Kuchen zu beglücken. Aber die Berliner Nachbarschaftsaktion macht mir Mut, ein bisschen mehr über den Gartenzaun zu schauen. Denn das weiß schon die Bibel: „Ein guter Nachbar in der Nähe ist besser als ein Bruder in der Ferne.“

 

 


 


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