SWR3 Gedanken

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Langsam laufe ich den Waldweg entlang und lasse meinen Blick über die buntbeblätterten Bäume schweifen. Da entdecke ich zwischen den ganzen altangestammten Bäumen plötzlich neue Bäumchen. Ein Schild weist darauf hin, dass es sich um die Baumart Douglasie handelt. Hä? Ist das nicht eine Baumart aus Nordamerika? Was macht die denn in unserem deutschen Wald? Ich recherchiere ein bisschen und finde heraus: Auch Bäume immigrieren. Natürlich nicht von selbst, aber in deutschen Wäldern werden Bäume aus anderen Ländern und Kontinenten gepflanzt. Mittlerweile gibt es schon fast dreieinhalb Prozent Migrantenbäume, Tendenz steigend. Warum? Weil der Klimawandel neue Baumarten offenbar notwendig macht. Die Forstwirtschaft beschäftigt sich wohl gerade mit dieser Herausforderung. Dabei werden die meisten fremden Bäume vom bestehenden Wald ganz selbstverständlich aufgenommen und finden ihren Platz.

Erstaunlicherweise tun wir uns in der Gesellschaft viel schwerer mit der Aufnahme neuer Menschen als der Wald sich mit den Bäumen. Dabei sind es prozentual weniger Menschen als Bäume, die Deutschland aufnimmt. Zum Vergleich: dreieinhalb Prozent des deutschen Waldes bestehen aus immigrierten Bäumen, 1,3 % der Gesellschaft dieses Jahr aus Flüchtlingen. In der Natur wünschen wir uns Artenvielfalt. Warum in der Gesellschaft nicht Menschenvielfalt? Weil die Integration schwierig ist? Bei den Baummigranten läuft allerdings auch nicht immer alles glatt. Die Forstwirtschaft rät dann dazu, das Verhalten und die Auswirkungen neuer Bäume auf den bestehenden Wald zu überprüfen und bei Schwierigkeiten nochmals umzustrukturieren. Ein vernünftiger Rat, wie ich finde. Der bestehende Wald muss schließlich geschützt werden. Aber wenn die Bäume sich in den ursprünglichen Baumbestand einfügen und der Wald die neue Art aufnimmt, dann können heimische und immigrierte Bäume ganz selbstverständlich gemeinsam weiterwachsen. Die Natur passt sich immer wieder an, verändert sich, lernt, mit neuen Bedingungen umzugehen. Vielleicht kann hier die Natur der Gesellschaft jaein Vorbild sein?

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