SWR2 Wort zum Tag

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Woher kommt die gegenwärtig so gereizte Stimmung in unserem Land, fragt der Soziologe Heinz Bude in seinem Buch: „Das Gefühl der Welt. Über die Macht von Stimmungen“. Es ist gerade erschienen.

Für Heinz Bude erklärt sich diese gereizte Stimmung so: Es stehen sich  zwei Stimmungs-Lager gegenüber. Auf der einen Seite das Lager derer, die sich fürchten, die Angst haben beispielsweise vor einer Globalisierung, die sich nicht mehr politisch steuern lässt. Sie sorgen sich, dass unser Land politisch immer instabiler wird, die Berufsperspektiven schlechter werden, unsere Gesellschaft immer ungleicher. Und dann kommen auch noch die vielen Flüchtlinge dazu. Man fühlt sich unbehaglich, man empört sich ständig, kann sich, wie Bude schreibt, „weder zur Weltverneinung noch zur Weltbejahung entschließen“,

Im anderen „Stimmungslager“ sieht Heinz Bude die von ihm so genannten „entspannten Systemfatalisten“, die „Entdramatisierer“. Diese finden immer alles nicht so schlimm, sehen alles nicht so dramatisch. Man kann doch eh nichts machen. Wozu die ganze Empörung! Diese „Systemfatalisten“ haben ihre Erwartungen an die Zukunft extrem reduziert, „in einer Haltung der Gleichmütigkeit“.

Dabei sieht Bude die beiden Stimmungslager in ihrer Haltung gar nicht so weit auseinander. Denn es fehlt beiden Lagern an einer „positiven Idee von Zukunft“. Beide sehen die Zukunft für sich verbaut. Für die Fatalisten geht einfach immer alles so weiter, sie sind gefangen in der Gegenwart. Für die Anderen fährt alles gegen die Wand, ist der Weltuntergang scheinbar unausweichlich.

Als Christinnen und Christen ist uns eine solche „positive Idee von Zukunft“ geschenkt. Auch wenn das manchmal schwerfällt dürfen wir hoffen, dass ein liebender Gott gegenwärtig ist, auch wenn ich Angst habe, ratlos oder enttäuscht bin. Diese Hoffnung begründet sich nicht dadurch, dass ich mich aus der Welt zurückziehe, sie hat aber auch nichts zu tun mit naivem Optimismus. Sie ermutigt stattdessen, realistisch auf diese Welt zu sehen, , sie ermutigt, selbst an einer guten Zukunft für diese Welt mitzuarbeiten. Diese Hoffnungsbotschaft bietet eine wunderbare Alternative zu Dauer-Empörung und Fatalismus. Allerdings braucht diese Botschaft viele Zeuginnen und Zeugen, die zumindest ehrlich versuchen, Rechenschaft zu geben von dieser Hoffnung, die sie trägt – gerade in dieser gegenwärtig so gereizten Stimmung.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22142
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