Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Was mag wohl in einem Mann vorgehen, der seine Frau mit „Herr“ anredet? Also „Herr Lisa“ sagt, oder „Ganz wie du willst, Herr Sabine!“? Ich würde annehmen, er will ihr - mit einem Schuss Ironie - zu verstehen geben: „Du hast ganz schön die Hosen an!“ Aber auch: “Respekt, meine Liebe, wie du dich durchsetzen kannst!“ Ich denke, so ist es auch Martin Luther ergangen, mit seiner Ehefrau. Die hieß eigentlich Katharina von Bora. Aber Luther hat sie gelegentlich „Herr Käthe“ genannt. Denn ihr Dickschädel hat ihn von Anfang an auf die Palme gebracht. Sie war ja eine entlaufene Nonne. Und Luther wollte sie ganz schnell unter die Haube bringen. Er hatte auch schon einen ausgesucht für sie, aber der war ein alter, zänkischer Geizhals. Und da hat Katharina grundweck abgelehnt. Darauf Luther: „Welcher Teufel will sie denn haben? Mag sie den nicht, so mag sie noch eine Weile auf einen anderen warten.“ Darauf Katharina: „Eher nehme ich den Martin Luther.“ Oder so ähnlich. Jedenfalls hat sie Martin Luther damit plötzlich als Heiratskandidaten ins Rennen gebracht. Und tatsächlich: am 13. Juni 1525 heiraten Martin Luther und Katharina von Bora. Ihre erste Amtshandlung als Ehefrau besteht darin, Luthers Bett wegzuwerfen. Der Strohsack, auf dem er bis dahin geschlafen hat, war nämlich völlig verfault. Niemand war je auf die Idee gekommen, ihn mal zu wenden und zu lüften. Aber das war nur der Anfang. Ich weiß wirklich nicht, wie sie alles andere geschafft hat: Neben den fünf eigenen Kindern hat sie jede Menge Nichte und Neffen großgezogen, hat Kranke aufgenommen und gepflegt, hat Studenten unterbracht, sich um Felder und Vieh gekümmert, ihre Ländereien vergrößert, und Bier gebraut. Aber inmitten der unendlichen Arbeit und den harten Lebensbedingungen, muss da auch eine Liebe gewachsen sein. Denn ohne seine Käthe wäre alles anders geworden. Z.B. hat er abends immer mit ihr unter dem Türbogen gesessen. Und sie hat ihm die Probleme geschildert, mit dem riesen Haushalt und den Kindern. Und das hat ihn immer wieder auf den Boden geholt, und hat seine Theologie und seine Predigten so handfest gemacht. Ja, offenbar hat es sich schon damals bewährt, wenn beide Eheleute die Hosen anhaben.

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