Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Ein junger Mann kommt an eine Unfallstelle. Er sieht einen Bewusstlosen in seinem Auto liegen, das gerade in Flammen aufzugehen droht. Ohne zu zögern rennt er zu dem Unglückswagen, zieht den Verletzten aus dem Wagen und kann ihn und sich selbst gerade noch vor den Flammen retten.
Genau so hat sich das vor einiger Zeit zugetragen.
Mich erstaunt das. - Wie ist es möglich, in so einer Situation sich selbst so zu vergessen?
Vielleicht würden Sie oder ich ja das gleiche tun; vielleicht denkt man in solchen Augenblicken gar nicht groß nach, hat nur ein einziges Ziel vor Augen: diesen Menschen vor dem sicheren Tod zu retten.
Vielleicht aber erstarrt man auch vor Schreck und hat einfach nur noch Angst vor der eigenen Courage.
Der besagte junge Mann jedenfalls hat sich ganz ungewöhnlich verhalten:
Als seine Hilfe nicht mehr gebraucht wurde, ist er nach Hause gefahren, er befand sich nämlich auf dem Heimweg. Dort angekommen ist er ins Haus spaziert, als ob nichts gewesen wäre, und hat kein einziges Wort über das Geschehene verloren.
Die Sache kam erst durch einen Artikel in der Tageszeitung ans Licht. Dort wurde er nämlich einige Zeit später namentlich erwähnt und für sein mutiges Verhalten geehrt. Die Eltern und Großeltern haben nicht schlecht gestaunt. Warum er denn nichts gesagt habe? Da hat er nur mit den Achseln gezuckt. Für ihn war die Sache offenbar so selbstverständlich, dass er sie nicht der Rede wert befand.
So möchte ich auch gerne handeln können. Nicht an erster Stelle fragen: Was kostet mich das, was bringt es mir, was riskiere ich? Sondern einfach nur sehen: da ist jemand in Not und da begebe ich mich rein - und fertig. Und danach nicht viele Worte drum machen.
Sich selbst vergessen - in diesen Situationen - aus Liebe zum Mitmenschen, nicht für eine Belohnung: Jesus hat so gelebt. Und der junge Mann – wie schon viele vor ihm - hat gezeigt: das geht.
Ich glaube allerdings, dass das nicht nur eine Entscheidung des Willens ist.
Etwas kommt da noch hinzu: eine Kraft, die wir dann geschenkt bekommen; ein ungeahnter Mut, den wir nicht in der Hand haben, aber mit dem wir rechnen können.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1966
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