Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Da bin ich über mich hinausgewachsen.“ Meine Freundin sagt das zu mir.

Sie erzählt, wie sie all ihren Mut zusammen genommen und mit ihrem Chef über die Arbeit gesprochen hat. Dass sie unzufrieden ist, hat sie ihm gesagt und dass sie die Arbeit gerne ganz anders organisieren würde.

Sie erzählt mir das alles. Und dann atmet sie tief durch und sagt: „Da bin ich über mich hinausgewachsen“. 

Über sich hinauswachsen. Das hat mit wachsen zu tun. Klar. Gerade jetzt, im Frühling,  wachsen der Rasen, die Sträucher und die Hecken.

Menschen wachsen auch,  bis sie ausgewachsen sind.

Über sich hinauswachsen heißt aber: Ich kann weiter wachsen, auch wenn ich längst erwachsen bin. Wie das geht? 

Meine Freundin hat‘ s mir vorgemacht. Sie hat sich einfach getraut. Hat gesagt, was sie denkt, auch wenn es unangenehm war. Sie wollte nicht länger die brave Mitarbeiterin spielen. Sondern ehrlich zu sich und ihrem Chef sein. Sie nahm all ihren Mut zusammen und sagte, was sie erlebt. Und dann, so erzählt sie, ist sie über sich hinausgewachsen. Woher sie den Mut plötzlich hatte, weiß sie selbst nicht. 

Wachsen. Über mich hinauswachsen.

Ich erlebe das auch, wenn ich es schaffe, auf jemanden zuzugehen, obwohl ich ihn nicht sonderlich sympathisch finde. Oder eine Aufgabe übernehme, die mich herausfordert, bei der ich unsicher bin, ob ich ihr gewachsen bin.

Oder: Wenn ich vergebe, auch wenn es schwer fällt. 

Ich erlebe: Dann kann jede Menge an und in mir wachsen: Meine Beziehung zu anderen kann tiefer und intensiver werden. Wachsen kann meine Erfahrung, mein Wissen. Oder mein Mut. Auch die Liebe kann wachsen. 

Ich entdecke dann, wie viel Leben in mir steckt. Auch als Erwachsene.   

Über mich hinauswachsen, heißt für mich aber auch: Da kommt Gott mit ins Spiel. Aus eigener Kraft schaffe ich das nicht. Für mich ist das Gott, der mich ermutigt und stärkt; der mich wachsen lässt. Sogar über mich hinaus.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19636
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