Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Auf unsere Weihnachtspyramide freue ich mich jedes Jahr ganz besonders. Wenn die Kerzen einzeln aufgesteckt sind, die Windflügel oben alle wieder dran sind, und durch die warme Luft der Flammen alle Figuren in der Pyramide in Bewegung kommen und sich drehen. Manchmal sind sie rasend schnell unterwegs, Hirten und Schafe, Könige und Kamele drehen sich um die Mitte und nehmen mich mit in die Bewegung. Im Erzgebirge sind sie entstanden, die Weihnachtspyramiden, um 1800, frühere Formen gab es schon lange vorher. Und dann kamen irgendwann auch die Riesenpyramiden, die man heute auf den Weihnachtsmärkten findet.
Bei meiner Weihnachtspyramide zuhause, da wird mir manchmal fast schwindelig, so schnell kann sie sich drehen. Und zaubert an die Decke ein eindrucksvolles Muster von Licht und Schatten. Am meisten aber fasziniert mich dabei die Mitte. Bei meiner Pyramide sind Maria, Josef und das Jesuskind fest gemacht in der Mitte, drehen sich nicht mit, sondern ruhen ganz in sich. In dem ganzen Bewegungsspiel eine Mitte, die fest ist. Ein ruhender Pol, um den sich alles dreht. Das brauche ich auch. Gerade weil sich so viel bewegt und verändert im Leben.
Manche haben so einen ruhenden Pol für sich gefunden, für manche ist das ihre Beziehung zu Gott, die ihnen Sinn und Halt gibt.
Andere sind auf der Suche, drehen sich manchmal im Kreis oder sind halt unterwegs, so wie die Figuren der Krippe. Sie gucken gebannt nach vorne, auf den nächsten Schritt, die nächste Aufgabe, auf das, was sie als nächstes zu bewältigen haben.
Aber meistens bringt eine erledigte Aufgabe nicht wirklich Ruhe, sondern nur die nächste Aufgabe. Und dabei bewegt man sich oft schneller und schneller, ohne die Mitte, ohne das Ziel wirklich zu finden.
Die Figuren auf der Weihnachtspyramide, sie müssten einfach nur ihren Kopf etwas drehen, zur Mitte hin, dann könnten sie sehen, dass der ruhende Pol ganz nah ist und dass sie gar nicht so rennen müssen.
Wenn Ruhe ganz weit weg scheint, wenn alles sich verändert, dann erinnert mich die Weihnachtspyramide daran: Es gibt ihn, den ruhenden Pol! Die Mitte ist nah.
Der Friede, den nur Gott schenken kann, ist gar nicht so weit weg, wie es manchmal scheint.  Und ich kann dieser Mitte auf die Spur kommen, immer wieder neu. Gerade jetzt im Advent.

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