SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Ein Hoch auf uns. Vielleicht kennen Sie den Popsong. Ein Hoch auf uns. Spätestens seit der WM ein echter Ohrwurm.

Über einen Satz aus dem Lied stolpere ich immer wieder. Da heißt es: „Ein Leben ohne Reue, vom ersten Schritt bis ins Grab.“

Ein Leben ohne Reue, das klingt verlockend: Nichts mehr bereuen zu müssen. Es ist ja auch wirklich kein schönes Gefühl, wenn ich etwas bereue. Da habe ich etwas gesagt, was ich gern rückgängig machen würde. Da habe ich eine berufliche Chance verpasst, die so nie wieder kommt. Große und kleine Dinge, die ich bereue und deshalb unzufrieden mit mir bin.

„Ein Leben ohne Reue, vom ersten Schritt bis ins Grab.“ Das heißt für mich: Kein ungelöster Streit, nichts verpasst, keine Fehler gemacht.

Es gibt sogar Menschen, denen scheint das zu gelingen. Die sagen zum Beispiel: Ich würde alles noch einmal genauso machen. Mir geht es anders. Vielleicht ist es sogar ganz gut so. Wenn ich gar nichts mehr zu bereuen hätte, wäre ich wohl ziemlich eigensinnig. Mir doch wurscht, was die anderen denken, ich mach mein Ding. Ein Hoch auf mich und vielleicht noch ein paar Freunde, alle anderen sind uns egal. So einfach will ich es mir nicht machen. Ich will nicht nur um mich selbst kreisen.

Wenn ich etwas bereue, spüre ich zwar, dass es unmöglich ist, alles richtig zu machen. Aber immerhin: Ich merke, was mir wichtig ist. Welche Menschen und welche Ziele mir etwas bedeuten. Und ich spüre, wenn es mal wieder Zeit wird, jemanden um Entschuldigung zu bitten.

Am Ende meines Lebens werde ich wahrscheinlich so einiges bereuen. Ich hoffe, es werden nicht zu viele Dinge sein. Und ich hoffe, dass andere und Gott mir verzeihen werden.

„Ein Leben ohne Reue, vom ersten Schritt bis ins Grab.“ Ein schöner Traum – doch ich verzichte. Die Reue ist oft das Salz in der Suppe meines Lebens. Zuviel davon wäre ungesund. Doch eine gute Prise Reue hilft mir dabei, ehrlich mit meinen Fehlern und Schwächen umzugehen.

 

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