SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Manchmal ist es offensichtlich, dass die Dinge in die falsche Richtung laufen. Zum Beispiel wenn ein Freund auf immer größere Probleme zusteuert, aber sich keiner findet, der ihn darauf hinweist. Oder bei der Arbeit den Chef kritisieren, weil er seine Mitarbeiter schlecht behandelt. Da braucht es jemanden, der sich traut, den Mund aufzumachen. Keine leichte Aufgabe.

Eine ähnliche Situation wird auch in der Bibel geschildert. Da ist Jona, ein Mann wie viele andere. Völlig unerwartet bekommt Jona von Gott einen Auftrag, der es in sich hat: Geh in die große Stadt Ninive und überbringe die folgende Botschaft: Gott ist wütend, weil die Menschen dort einander nur noch belügen und betrügen. Wenn die Einwohner von Ninive sich nicht ändern, wird Gott die Stadt bestrafen und alles in Schutt und Asche legen.

Der arme Jona fragt sich: Was interessieren mich die Menschen in Ninive? Warum gerade ich? Soll Gott sich doch jemand anderen suchen, der denen die Wahrheit sagt. Er beschließt abzuhauen.

Er besteigt Schiff, das gerade im Hafen liegt. Egal wohin, Hauptsache weit weg. Doch schon bald braust ein gewaltiger Sturm auf und das Schiff droht zu kentern. Jona spürt: Das gilt mir. Gott ist zornig, weil ich türmen wollte.

Er gesteht den Seeleuten, dass er vor Gott auf der Flucht ist. Und dann wird der arme Tropf über Bord geworfen, um das Schiff zu retten. Zwar wird er auf wunderbare Weise gerettet und im Bauch eines Fisches an Land gebracht. Doch mit seiner Aufgabe kann er sich bis zum Schluss nicht anfreunden.

In dieser Geschichte wird kein großer Held geschildert. Jona erinnert mich eher an Donald Duck. Jona hat ganz einfach keine Lust auf diese undankbare Aufgabe. Nur widerwillig tut er es dann doch.

Auch ich reiße mich nicht um die Aufgabe, andere zu kritisieren. Selbst wenn ich sehe, dass es eigentlich notwendig ist. Wie leicht finden sich kleine Ausreden: Warum gerade ich? Ich hab mir schon oft genug den Mund verbrannt … und so weiter. Vielleicht ergreife ich nicht gleich die Flucht und besteige ein Schiff in die Fremde. Aber viele kleine Ausflüchte sind es eben doch.

Jona ist nicht das beste Vorbild, wenn es darum geht, ein offenes Wort zu riskieren. Aber ich will ihn nicht zu hart beurteilen. Erst mal will ich selbst Mut beweisen und – wenn es nötig ist – unbequeme Wahrheiten überbringen.

 

 

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