SWR3 Gedanken

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Vielleicht war es wirklich so:
Die Gräfin ist auf dem Weg aus ihrer Burg hinunter in die Stadt,
ins Armenhaus vermutlich; aber Hunger herrscht da unten ja überall.
Einen schweren Korb voll frischem Brot hat sie dabei.
Auf halbem Wege trifft sie ihren Mann, den Grafen.
Was sie da unter ihrem weiten Mantel trägt?
Einen Korb voller Rosen, sagt Elisabeth.
Wer das glaubt – der Herr und Gemahl jedenfalls schaut lieber nach,
schlägt den Umhang zurück –
und tatsächlich: Statt Brot für die Armen der Stadt sieht er Rosen...

Kann sein, dass die Geschichte der heiligen Elisabeth von Thüringen
erst nachträglich untergeschoben worden ist.
Sie ist ja sowieso ein bisschen unwahrscheinlich.
Aber sie hat jedenfalls einen wahren Kern –
oder auch zwei.

Schon allein dass die Gräfin die Armen in der Stadt mit dem Nötigsten versorgt
–  eigenhändig höchstpersönlich:
das war viel mehr als nur ihren Hunger zu stillen.
Es war schon ein Glück an sich für die Leute:
Die da oben machen sich gemein mit uns hier unten.

Der andere wahre Kern der Geschichte vom Rosenwunder:
Wer braucht schon Rosen, wenn’s ums nackte Überleben geht.
Die Blumen im Brotkorb sind ein Signal von Überfluss –
auch an Elisabeth und ihren Grafen und den ganzen Hofstaat:
Ihr habt doch mehr als genug.
Ihr solltet auch weiterhin verteilen, so großherzig wie immer.

Denn das erzählt die Geschichte von Brot und Rosen über Elisabeth selbst:
Sie war glücklich verheiratet, sie hatte alles,
was das Leben schön machen konnte und komfortabel.
Aber ihr Glück hat sie gesucht und gefunden,
als sie angefangen hat, es zu verteilen.

Morgen habt ihr Namenstag, ihr Elisabeths und Lissys und Lillys –
herzlichen Glückwunsch!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=16426
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