Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Es ist heute genau 25. Jahre her.
Es war ein Sonntag, mit blauem Himmel und Sonnenschein.
Der 28. August 1988.
Da ist aus dem Flugtag ein Fluchtag geworden.
In Ramstein waren 300 000 Menschen zusammen gekommen.
Was uns die Woche über als lästiger Fluglärm die Nerven raubte,
sollte jetzt als Unterhaltung am Himmel bewundert werden.
Und bei der letzten Flugvorführung ist es dann passiert.
2 Flieger touchierten sich irgendwie beim gewagten Manöver in der Luft
und ein Feuerball rast auf die Menschen zu.
Diese Bilder stehen mir bis heute vor Augen.
Die Schreie, das Rennen...Das vergesse ich nie.
Ich war damals als junger Pfarrer in meiner ersten Gemeinde in der Nordpfalz.
In der Region waren viele Familien betroffen,
haben an diesem Tag Angehörige verloren
oder wurden selbst schwer verletzt. Der Schock saß tief.
Unser damaliger Kirchenpräsident Werner Schramm ordnete sofort an,
dass in allen protestantischen Kirchengemeinden Gottesdienste stattfinden sollten.
Ich kann mich an den Abendgottesdienst in Gundersweiler noch genau erinnern,
wie da die Menschen aus den umliegenden Dörfern zusammen kamen.
Ich hatte eine solche Stille,
eine so atemberaubende Ohnmachtsstimmung im Kirchenschiff noch nie erlebt.
Und ich weiß, dass ich es nicht schaffte zum Altar zu gehen.
So weich sind meine Knie gewesen und so unpassend empfand ich es,
mich vor die Trauergemeinde zu stellen.
Im Talar blieb ich in der Kirchenbank bei den Leuten einfach sitzen
und betete und sprach von dort aus. Selten habe ich so deutlich gespürt,
wie wichtig und unersetzbar unser gemeinsamer Glaube sein kann,
wenn wir ein Obdach brauchen für unsere Ratlosigkeit und Angst.
Wir sind damals unter dem Kirchendach zusammen gerückt,
wie auf der Flucht vor dem Feuerball.
So saßen die Leute jeden Alters und Herkunft dicht gedrängt.
Und in anderen Gemeinden wird es nicht viel anders gewesen sein.
Ich bin froh, dass heute in Ramstein von Bischof Wiesemann und Kirchenpräsident Schad
ein Gottesdienst gehalten wird
als ökumenisches Zeichen gemeinsames Gedenkens an die Opfer und ihre Angehörigen.
Gut, dass wir heute miteinander ihrer gedenken.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15939
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