Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Die Hütte ist  gerammelt voll, die Leute stehen bis zur Tür hinaus. Kein Durchkommen ist mehr möglich. In Kafarnaum, dem Dorf am See Gennesaret in Israel hat Jesus sozusagen ein Heimspiel. Hier kennt man ihn, hier hat er zumindest eine Zeit lang gewohnt, einige seiner engsten Freunde stammen von hier. Jetzt ist er gerade mal wieder zu Hause. Und das ganze Dorf ist zusammen gekommen um ihn zu hören. Vielleicht hoffen manche auch klammheimlich auf ein spektakuläres Wunder. Der Mann soll ja tatsächlich Kranke heilen können, und das nur durch seine Anwesenheit, die Kraft seiner Gedanken oder das Auflegen der Hände. So was heute auch hier, dann hätte man was zu erzählen. Die vier Männer, die einen Kranken auf einer Bahre zu Jesus bringen wollen, haben wohl auch davon gehört. Sie finden das Gedränge aber gar nicht gut. Sie kommen nämlich einfach nicht durch. Keine Chance. Aber anstatt entnervt wieder nach Hause zu gehen, greifen sie zu drastischen Maßnahmen. Sie steigen Jesus regelrecht aufs Dach. Sie hieven die Bahre nach oben und decken kurzerhand an einer Stelle der Hütte das Dach ab. Dann lassen sie den Kranken  herunter, direkt Jesus vor die Füße. Das ist für mich schon das erste Wunder: dass es Menschen gibt,  die nicht aufgeben, sondern das Unmögliche durch ungewöhnliche Maßnahmen möglich machen. Wenn es durch die Tür nicht geht, dann eben durchs Dach.  Dann das zweite Wunder: Der Hausherr reagiert nicht stinksauer. Schließlich hat man ihm gerade die Hütte kaputt gemacht. Jesus bleibt ganz ruhig. „Als er ihren Glauben sah...." steht in der Bibel. Und der muss so groß gewesen sein, dass alles andere nebensächlich wurde. Und dann das dritte Wunder: durchs Dach hat man den Kranken auf seiner Bahre herunter gelassen, auf eigenen Füßen geht er durch die Tür wieder hinaus, geheilt. Sie hatten doch etwas zu erzählen, die Leute aus Kafarnaum. Dass dieser Jesus wohl wirklich etwas ganz Besonderes sein muss. Dass da jemand Freunde hat, die nicht aufgeben, die auch ungewöhnliche Wege mit gehen. Und dass Glaube zwar nicht unbedingt Berge versetzt, aber manchmal Dächer abdeckt. (abdecken kann?) Oder anders gesagt: manchmal muss man sogar Jesus aufs Dach steigen, um sich Gehör zu verschaffen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=13321
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