Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Plakate wohin man sieht. Werbung für Autos, Parfüm oder das nächste Konzert. Unsere Welt ist zuplakatiert. Weil Plakate funktionieren. Das wusste schon Martin Luther vor fast 500 Jahren. Da hing auch ein Plakat an einer Kirchentür. Damals ging es nicht um Autos, Parfüm oder Konzerte. Luther ging es um die Wahrheit. 1517 war das. Und Martin Luther hatte 95 Thesen auf sein Plakat geschrieben, das er an die Kirchentür in Wittenberg hängte.
Heute, am Reformationstag, denkt die evangelische Kirche daran. Luthers Text fängt ganz schön provozierend an: „Aus Liebe zur Wahrheit und in dem Bestreben, diese zu ergründen, soll in Wittenberg disputiert werden." Das sitzt! Das ist keine Werbung. Luther verordnet seiner Gemeinde das Gespräch über das, was richtig und wahr ist, ja ruft sie sogar zum Streit, zum Disput, darüber auf.
Das finde ich spannend: Gespräche, die herausfinden wollen, welche Meinung weiterführt, wie ich mich gut verhalten kann. Gespräche, die um wahre und richtige Wege ringen.
Im Osten Deutschlands wurde in diesem Herbst wieder disputiert. Sogar mit viel Prominenz. Der Papst und viele Profis in Sachen Glauben und Wahrheit haben sich während der Papstreise in Erfurt getroffen. Na ja, ob wirklich disputiert wurde, weiß ich nicht. Vermutlich ging es eher förmlich und zahm zu. Auf jeden Fall: Ein neuer Anstoß in einem Gesprächsprozess wurde gemacht und es wurde gewürdigt, was bereits vorher andere untersucht, disputiert und geklärt haben.
Aber, was muss passieren, dass es zu einem guten Gespräch kommt? Ich finde da Luthers ersten Satz hilfreich: „Aus Liebe zur Wahrheit und in dem Bestreben, diese zu ergründen, soll in Wittenberg disputiert werden."
Was es braucht: Menschen, die sich gegenseitig zuhören, miteinander reden, auch streiten, aber immer, weil es um die Liebe zur Wahrheit geht. Und nicht um eigene Interessen, um Posten oder Positionen, um Geld oder Macht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11815
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