Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Nur eine Woche ist es jetzt her, seit die Erde in Japan bebt. Seitdem überschlagen sich die Nachrichten und wir haben kaum Zeit, zu verstehen geschweige denn zu begreifen, was die Katastrophe in Japan für uns alle in Zukunft bedeutet.

Wir sehen zerstörte Häuser, Menschen, die über Trümmer laufen und inzwischen auch Tote, die in Turnhallen aufgebahrt sind. Was wir nicht sehen, ist die Verstrahlung, die über den zerborstenen Atommeilern von Fukushima massiv eingesetzt hat. Die Experten meinen: ab heute werden wir wissen, ob die atomare Verstrahlung sogar das Ausmaß von Tschernobyl übersteigen wird. Fukushima, meinte der EU Energiekommissar Günther Öttinger, sei für Ingenieure anscheinend nicht mehr zu kontrollieren, der Atommeiler liege jetzt nur noch in Gottes Hand.

Mir fällt das schwer, daran zu glauben. Liegt es wirklich in Gottes Hand, diese Katastrophe abzuwenden? Und ist es dann sein Zorn über uns,  wenn er es nicht tut?
Ja, wo ist Gott in dem ganzen Wahnsinn? Wo ist der Ort, an dem man zur Ruhe kommen kann ohne vor den Tatsachen zu flüchten? Wo ist der Ort, an dem man die Kraft findet, den Bildern und der Wahrheit standzuhalten? Wo?

Der Theologe Dietrich Bonhoeffer schreibt:

Christen gehen zu Gott in seiner Not,
finden ihn arm, geschmäht, ohne Obdach und Brot,
sehn ihn verschlungen von Sünde,
Schwachheit und Tod,
Christen stehen bei Gott in seinem Leiden.

Gott scheint ferne in diesen Tagen. Aber wir können zu ihm gehen, schreibt Bonhoeffer.
Wir finden ihn bei dem Mann, der nur noch die Kleider besitzt, die er auf dem Leib trägt. Wir finden Gott bei der Frau, die auf den Trümmern ihres Hauses herumirrt. Wir finden ihn bei den Helfern, die eine lebensgefährliche Verstrahlung inkauf nehmen, um das Schlimmste zu verhüten. Gott dort, wo Menschen zusammenkommen und für die Opfer beten oder spenden. Die sich über ihr Schicksal informieren, obwohl sie die gar nicht kennen und deren Land noch nie betreten haben. Woran Sie das merken können, wenn Gott da ist? Sie spüren es als Gefühl von Ruhe mitten im Sturm. Sie spüren es anhand der Wachheit, die Sie haben, obwohl Sie eigentlich müde und erschöpft sein müssten.
Dietrich Bonhoeffer beschreibt diese Erfahrung so.

Gott geht zu den Menschen in ihrer Not,
sättigt den Leib und die Seele mit seinem Brot,
stirbt für Christen und Heiden den Kreuzestod
und vergibt ihnen beiden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10282
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