Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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29NOV2023
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In den letzten Wochen ist es mir schon manchmal schwergefallen, morgens das Haus zu verlassen. Wenn es draußen regnet und stürmt. Wenn feuchte Kälte in jede Ritze kriecht. Bestimmt war ich damit nicht alleine. Aber ich merke dann auch besonders, wie gut jeder kleine Lichtblick in diesen Tagen meiner Seele tut. Wenn zumindest einen Moment lang ein Stückchen blauer Himmel zu sehen ist. Wenn die Wolken aufreißen zwischen zwei Regenfronten und ab und zu sogar ein paar Sonnenstrahlen durchlassen. Es sind Tage, an denen dann auch ein Regenbogen in den Wolken erscheint. Natürlich weiß ich, wie so ein Bogen physikalisch entsteht. Trotzdem, wenn ich ihn in diesen Tagen sehe, dann muss ich einfach an Gottes Bogen in den Wolken denken. So jedenfalls steht es in der Bibel. Am Ende jener Geschichte, die von der alles zerstörenden Sintflut erzählt. Als der Regen nämlich endlich aufhört, heißt es da, da stellt Gott seinen Bogen in die Wolken. Als Friedenszeichen. Gott, der den Regen zuerst aus Zorn geschickt hatte, wie es die Bibel erzählt, besinnt sich also. Er will keine völlige Zerstörung mehr, kein unendliches Leid. Nie wieder, heißt es da. Gott stellt seinen Friedensbogen in die Wolken. Ein wunderbares Bild.

Was das Bild leider nicht verheißt: Dass es ab sofort kein Leid mehr geben wird. Das werden wir weiter ertragen müssen. Vermutlich auch, solange diese Welt existiert. Was es deshalb unbedingt braucht, sind solche Regenbogentage. Ganz besonders, wenn es mal wieder dicke kommt, es trübe und dunkel wird im Leben. Weil mir eine Krankheit zu schaffen macht. Weil ich einsam bin. Weil ein anderer mich tief verletzt und verstört hat. Dann sehne ich mich nach einem Lichtblick, der das Grau der trüben Gedanken für einen Moment durchbricht. Vielleicht ja durch eine nette Begegnung, die mich wieder aufleben lässt. Ein liebevolles Wort, das meine Seele streichelt. Oder auch einfach durch einen leuchtenden Regenbogen vor meinem Fenster. Mitten im tristen Novembergrau.

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