SWR3 Gedanken

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20OKT2023
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Das waren die besonderen Tage. Wenn in dem Kinderheim, in dem ich meinen Freiwilligendienst absolviert habe, Essen gespendet wurde. Da wurde die große Halle geputzt, die Bastmatten ausgelegt und die Kinder haben sich ganz ordentlich nebeneinandergesetzt. Ein kurzes Programm mit Musik- und Tanzvorführungen der Kinder hat die Spannung noch gesteigert., Und dann wurde geschmaust. Die Spender gingen meist selbst durch die Reihen und haben erst den klebrigen Reis gebracht, dann köstlich-duftendes Fleisch und die unterschiedlichsten Arten von Gemüse und am Ende einen zuckersüßen Nachtisch. Das war in 2010 in Indien. Ich erinnere mich noch gern an diese besonderen Tage.

Oft habe ich mich aber auch gefragt: ob das wirklich notwendig ist. Klar, die Kinder haben sich über das gute Essen gefreut. Und die Atmosphäre war fröhlich und eine Abwechslung im Alltagstrott. Ich hab gedacht, dem Heim wäre mehr geholfen gewesen, wenn das Geld für andere Dinge eingesetzt worden wäre: für die Bauprojekte auf dem Gelände, für eine bessere Bildung oder die Erziehung. Aber die kleinen Festessen, das ist doch purer Luxus. Viel später habe ich die Geschichte von Jesus bei einer Hochzeit gelesen. Bei der er – als der Wein alle ist – auf wundersame Weise dafür sorgt, dass das Fest weitergehen kann. Auf einmal ist wieder massenweise Wein da. Da könnte man ja auch denken: Ein Luxuswunder. Ob das wirklich notwendig war?  für mich aber ein Zeichen, dass auch diese Momente wichtig sind: In denen es uns einfach gut geht und wir miteinander das Leben genießen können. Ohne für den Moment an die vielen wichtigen Dinge zu denken, die gerade auch zu erledigen wären. Also genießen Sie ihn: Den Strauß Blumen, der vielleicht gerade gar nicht nötig wäre, den köstlichen Wein, der eigentlich ein bisschen zu teuer ist, oder den herrlichen Herbsttag, den man eigentlich auch mit Hausarbeit verbringen könnte. Genießen sie!

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