SWR3 Gedanken

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23OKT2023
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Dieses Jahr war ich beim Sperrmüll voll motiviert. Ich war schon Wochen vorher auf dem  Dachboden, hab alles ausgemistet und am Tag vor dem Sperrmüll alles an die Straße gestellt, z.B. die kaputte Schaukel und ein paar alte Kinderspielsachen.

Eine Beobachtung dabei hat mich nachdenklich gemacht: ununterbrochen sind Autos und kleine Lastwagen angefahren gekommen, Leute sind ausgestiegen und haben sich bei mir oder den Nachbarn irgendwelche Sachen rausgepickt. Das ist immer so, aber dieses Jahr waren so viele Familien dabei. Ein Papa hat mich direkt angesprochen, ob ich nicht noch mehr Spielsachen hätte, und seine beiden Mädchen im Auto hinten haben mit großen Augen rausgeschaut.

Leider ist das so: die einen haben so viel, dass sie immer wieder groß ausmisten müssen. Und die anderen nehmen noch die schlechtesten Teile mit, sie verwenden sie selbst, verhökern sie irgendwo, bauen sie auseinander oder was auch immer.

Am nächsten Tag war dann der ganze Müll aus unserem Dorf weggeschafft. Es sah aus als wäre nichts gewesen. Da staune ich einerseits, dass ich in einem so gut organisierten Land lebe. Und andererseits weiß ich, dass dieser ordentliche Schein trügt. Unser Miteinander ist ganz und gar nicht aufgeräumt, und da sind so viele, die am Existenzminimum leben. Die sehe ich kaum, aber sie sind da.

Die Spannung muss ich erstmal bemerken. Ich muss sie aushalten. Und vielleicht begreife ich dabei, dass ich es selbst eigentlich richtig gut habe, und dass ich irgendwo an einer Stelle mitanpacken kann, damit es Menschen besser geht.

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