SWR3 Gedanken

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28AUG2023
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Es ist noch früh am Tag, aber der Zug, mit dem ich zur Arbeit fahre, ist schon halbvoll. Menschen mit Rucksäcken, Wanderstöcken, robusten Schuhen sitzen da. Menschen, die ihr Arbeitsleben offenkundig hinter sich haben. Die nun ihre freie Zeit genießen und, wie es scheint, auch ihr Leben. Beneidenswert, hab ich erst gedacht. Bis mir einfiel, dass ich ja schon in ein paar Jahren selbst dazugehöre. Ob ich dann auch hier im Zug sitze? Mit Proviant und Sonnencreme im Rucksack, und nicht wie jetzt, mit Arbeitsmappe und Laptop? Keine Ahnung. Denn was ich dann tun will, wenn ich nur noch frei habe, jeden Tag, darüber hab ich bisher kaum nachgedacht.

Dabei hat alles im Leben seine Zeit. Das hat ein Weiser in der Bibel schon vor zweieinhalbtausend Jahren gesagt. Klingt zwar banal. Ist aber oft so verdammt schwer zu akzeptieren. Dass etwas vorbei ist im Leben, unwiderruflich. Die ewige Jugend, die leider doch nicht so ewig ist. Eine langjährige Freundschaft. Oder eben der Job, der zwar stressig ist, meinen Tagen aber auch Sinn gibt. Das Gefühl, gebraucht zu werden. Klar ist: Jeder Abschied im Leben erinnert mich auch ein bisschen daran, dass ich selber endlich bin. Oder, wie es der Weise aus der Bibel sagt: Dass alles im Leben letztlich wie ein Windhauch ist. Nach dem freilich immer etwas Neues beginnt. Und warum eigentlich nicht mit Proviant und Sonnencreme frühmorgens im Zug.

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