SWR3 Gedanken

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18AUG2023
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Ich finde Indianergeschichten großartig - in ihnen steckt so viel Weisheit. Eine meiner Lieblingsgeschichten geht so:

Ein kleiner Indianerjunge sitzt am Lagerfeuer zusammen mit dem betagten Stammeshäuptling. Dann stellt der Junge dem gelehrten Mann eine Frage, auf die er schon lange eine Antwort sucht. Er fragt: „Häuptling, warum gibt es Gutes und Böses in der Welt?“ Zuerst schaut ihn der Häuptling lange schweigend an. Dann antwortet er: „Weißt du, in der Brust jedes Menschen gibt es zwei Wölfe. Einen schwarzen und einen weißen; die beiden kämpfen miteinander.“ Darauf der Junge: „Und? Wer von beiden gewinnt?“ Wieder schaut ihn der weise Mann eine Weile an und antwortet dann: „Es gewinnt der Wolf, den du fütterst!“

Klar weiß ich, dass die Welt nicht einfach in Gut und Böse eingeteilt werden kann, und es geht auch nicht drum schwarz-weiß zu denken. Das Leben ist komplizierter. Trotzdem passieren Sachen, die sind eindeutig böse oder eindeutig gut. Und jeder hat eine Wahl.

Zum Beispiel auch der Mensch, der ständig um seine Geldsorgen kreist. Wenn er irgendwann dazu bereit ist einen anderen auszurauben, dann ist das auch eine Entscheidung. Oder ein anderer Mann. Er hat mit Hilfe einer psychologischen Beratung immer wieder den Streit mit seinem alten Freund reflektiert, und nach Monaten ist er endlich bereit sich mit ihm auszusprechen. Oder auch ich: Füttere ich zum Beispiel meinen Kopf nur mit Nachrichten, die von Tyrannen und Gewalt berichten oder höre ich auch dann ganz bewusst zu, wenn von Fortschritten in puncto Menschlichkeit und Gerechtigkeit berichtet wird.

In unserer Welt passiert ganz viel zwischen schwarz und weiß. Die Indianergeschichte hat mich gelehrt: Es ist an mir zu entscheiden, welche Schattierung in mir gewinnt. Denn ich hab es in der Hand welchen Wolf ich füttere.

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