Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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08AUG2023
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„Hey - KI bist du für die Menschheit gefährlich?“ So frage ich die „Künstliche Intelligenz“. Brav antwortet der Chatbot: „Ich bin gar keine Person und habe kein Bewusstsein. Daher bin ich von Natur aus nicht gefährlich für die Menschheit“. Und fügt noch hinzu: Ob KI gefährlich wird, liege in den Händen ihrer Trainer und Nutzer. Aha – „Fluch“ und „Segen“ wieder einmal verdammt nahe beieinander.

Mir scheint: Die Menschheit steht erneut vor einer weiteren gewaltigen Herausforderung. Wenn wir KI, dieses neue Instrumentarium nicht verantwortlich handhaben, wird’s brandgefährlich. Einer ihrer Erfinder, der amerikanische Star-Entwickler Geoffrey Hinton, hat soeben seinen Job geschmissen, „um besser vor den Gefahren von KI warnen zu können“, sagt er.[1]) Sie könnte eine Menge Arbeitsplätze kosten, denn sie liefert komplexe technische Konstruktionen, formuliert sogar komplizierte Urteile, stellt medizinische Diagnosen – besser als mancher Facharzt.

Weit schlimmer jedoch: Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz kann man die ganze Menschheit hinters Licht führen, uns fremdsteuern, Wahlen manipulieren und automatisch Kriege führen. Schon heute werden ja in „Troll-Fabriken“ ganze Lügen-Gebäude gezimmert und weltweit verbreitet. Viele Nutzer werden nicht mehr unterscheiden können, was wahr ist oder falsch. Ohne Verlässlichkeit aber, ohne die feste Plattform des Vertrauens, ist menschliches Miteinander nicht mehr möglich.

Wie einst Pilatus damals bei der Verurteilung Jesu werden wir täglich vor der Frage stehen: „Was ist Wahrheit?“(Johannes-Evangelium 18,38). Das wird anstrengend, wenn wir jede Aussage, jede „message“, jedes Foto oder Video erst auf seinen Wahrheitsgehalt überprüfen müssen.

Im Umgang mit KI braucht’s rigide, weltweite Regelungen. Mehr noch: Was uns rettet ist nur die Tugend der Wahrhaftigkeit. Sie einzuüben, kann heute schon beginnen: „Eure Rede sei: Ja! Ja! Nein! Nein! Was darüber ist, das ist vom Übel“, sagt Jesus im Matthäus-Evangelium (5,37). Wie wohltuend, wenn man bei einem Menschen „gleich weiß, woran man ist“. So buchstabiert sich die Tugend der Wahrhaftigkeit.

 

[1]    Zitat aus „Magazin Technology Review“ – lt. Publik-Forum 9/2023

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38172
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