SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

16JUL2023
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Ein Schreiner, der aus altem Abbruchholz neue Möbel baut und es so vor dem Verbrennen rettet, sagt in einer Doku des SWR: „Man sieht einfach am Ende des Tags immer, was man gemacht hat. Und das ist was, das befriedigt mich selbst, weil ich sagen kann: Ich hab heute wieder was geschaffen, und das ist cool.“  Ich kann den Mann gut verstehen. Dass es ihn zufrieden macht, wenn er abends konkret vor sich sieht, was er gemacht hat und manchmal beneide ich ihn auch darum. Denn viele Menschen, die auch den ganzen Tag hart arbeiten, können das oft nicht so klar sagen. Ein Lehrer etwa, der jeden Tag die Schülerinnen und Schüler, die da vor ihm sitzen, motivieren muss und nicht weiß, was von seinem Unterricht bei ihnen hängen bleibt. Die Ärztin im Krankenhaus, die nur selten erfährt, ob ein entlassener Patient zuhause wieder ganz gesund geworden ist. Aber auch die Leute im Radio oder Fernsehen, die das Programm machen und erst später wissen, ob es den Zuhörern oder Zuschauerinnen überhaupt gefallen hat. Die Aufzählung ließe sich fortsetzen.

In einem Gleichnis, von dem heute in den katholischen Gottesdiensten die Rede ist, greift Jesus diese Erfahrung auf. Ein Sämann, so heißt es da, streut seine Saat aus. Aber je nachdem, wohin die Saatkörner fallen, ist das Ergebnis ganz unterschiedlich. Da gibt es Körner, die auf dem Weg landen, andere dagegen auf felsigem Untergrund, und wieder andere fallen ins Dornengestrüpp. Sie alle sind für den Landwirt im Grunde verloren. Sie werden ihm letztlich keinen Ertrag einbringen. Erfolg versprechen nur die Körner, die auf den Ackerboden gefallen sind. Nur sie tragen am Ende auch Frucht. Allerdings erst viele Wochen später.

Wie oft mache ich in meinem Beruf dieselbe Erfahrung? Ich schreibe etwas, rede zu Menschen oder engagiere mich und bekomme darauf erstmal keine Resonanz. Ob mir etwas gelungen ist oder nicht, das kann ich manchmal nur erahnen. Es sei denn, irgendjemand spricht mich doch noch darauf an. Sicher, wenn eine Arbeit fertig ist, kann ich immerhin einen Haken dahinter machen. Kann sagen: Geschafft! Feierabend. Aber ob all meine Mühe, die ich investiert habe, auch irgendwas bewirkt? Ob sie irgendwem hilfreich oder zu etwas nütze war? Oft weiß ich es nicht. Bei mir wie bei vielen anderen steht abends nun mal kein Stuhl oder kein Schrank vor mir, den ich gemacht habe. Den ich mir anschauen und mich daran freuen kann. Es ist viel öfter die Situation des Sämanns aus dem Gleichnis, der auch nicht weiß, ob sein Tun am Ende Erfolg haben wird. Er kann nur warten und hoffen.

 

Wer etwas macht, macht auch Fehler. Kann im schlimmsten Fall sogar ganz scheitern. Auch davon handelt das Gleichnis vom Sämann, das Jesus seinen Zuhörern einmal erzählt hat. Weil da eben auch Saatkörner auf einem Untergrund landen, der dafür schlicht nicht geeignet ist, ist ein Teil seiner Arbeit letztlich umsonst. Vergebliche Mühe. Ich sehe schon all die Besserwisser vor mir, die den Kopf über diesen schludrigen Sämann schütteln. Die genau sagen können, was der Mann ja alles falsch macht. Wie er seine Arbeit verbessern müsste, um die Ausbeute deutlich zu steigern. Das mag alles stimmen. Trotzdem werden Fehler passieren. Und manches wird am Ende auch schlicht vergeblich bleiben, allen Optimierungsversuchen zum Trotz. Das erfahre ich ja selbst. Dass ich im Beruf wie im Leben Niederlagen einstecken muss, obwohl ich mich angestrengt und alles geplant habe. Und oft wird mir das, wie diesem Sämann, erst später bewusst. Doch das gehört, so bitter es ist, zum Leben dazu. Entscheidend ist, mich von meinen Misserfolgen trotzdem nicht entmutigen zu lassen. Und so endet dieses Gleichnis vom Sämann auch mit dem Erfolg seiner Arbeit. Mit jenen Saatkörnern nämlich, die am Ende Frucht bringen. Manche sogar viel mehr als erwartet. Darauf kommt es an.

Es hat doch alles keinen Sinn. Den Satz höre ich immer wieder mal. Es hat doch keinen Sinn gegen diesen Klimawandel zu kämpfen. Der ist eh nicht mehr aufzuhalten. Es hat doch keinen Sinn, endlos zu diskutieren. ‚Die da oben‘ machen ja doch, was sie wollen. Es hat doch keinen Sinn nett zu andern zu sein und Rücksicht zu nehmen. Auf mich nimmt die auch keiner. Doch, es hat Sinn! Weil es den einen, großen, überragenden Erfolg sowieso nur ganz selten gibt. Und weil die Möglichkeit zu scheitern nun mal besteht. Bei allem, was wir tun. Aber jedes Engagement, jeder Einsatz für eine friedliche, lebenswerte Welt für alle macht Sinn. Jede Stimme, die sich erhebt, wo Menschen gedemütigt und unterdrückt werden, wo ihre Rechte mit Füßen getreten werden, macht Sinn. Es macht Sinn, sich gegen den Klimawandel zu stemmen, auch dann, wenn es nur in kleinen Schritten vorangeht, weil jedes Zehntelgrad zählt. Es macht Sinn, höflich und respektvoll mit anderen umzugehen. Zu streiten, wo es nötig ist. Aber mit Anstand und Achtung vor meinem Gegenüber. Es macht Sinn, Rücksicht zu nehmen auf die, die langsamer oder schwächer sind. Auch dann, wenn ich dadurch selbst etwas zurückstecken muss. Ich bin überzeugt, dass überall da, wo Nächstenliebe spürbar wird. Wo ich der Umwelt und meinen Mitmenschen respektvoll begegne, dass dort Gutes geschehen kann. Wahrscheinlich werde ich mir an manchen Zeitgenossen auch die Zähne ausbeißen. Aber umsonst ist es nie.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38040
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