SWR3 Gedanken

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08JUL2023
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Bei einer Schlossführung auf Herrenchiemsee in Bayern ist mir schlagartig was klar geworden. Ich besuche das Schloss von König Ludwig II. und wandle durch riesige Zimmer, bestaune Kronleuchter und schaue mich im Spiegelsaal um.

König Ludwig war ja ziemlich verrückt. Er hat sein Schloss nur bauen lassen, damit er es hat und nicht damit er darin wohnt.

Als ich vor seinem goldenen Bett stehe, erklärt die Schlossführerin: „Der König hat kein einziges Mal in diesem Bett geschlafen. Er wollte es nur haben, weil der König in Frankreich auch so eines hatte.“

Mein Gott, denke ich. Was Menschen, die viel Macht besitzen, alles verschwenden, nur weil sie etwas haben wollen. Sofort fällt mir ein ehemaliger Bischof mit goldener Badewanne ein. Aber auch Machthaber, die nicht nur verschwenderisch mit Geld umgehen, sondern mit Menschenleben. Noch viel schlimmer.

Keine Frage: das Schloss Herrenchiemsee ist beeindruckend. Aber es ist eben nur Schein. König Ludwig hatte genau genommen ein ziemlich verzweifeltes Leben, und er ist jung gestorben. Vermutlich kann ich in Hütten oder solide gebauten Häusern genauso zufrieden leben wie in einem Traumschloss.

Bei der Schlossführung ist mir klar geworden: Dinge haben zu wollen, nur weil andere sie auch haben, das zählt alles nicht. Viel entscheidender ist, was ich selber möchte, was mir Kraft und Ruhe gibt, was mich motiviert und was mich im Inneren so richtig glücklich macht.

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