SWR3 Gedanken

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02JUL2023
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Vor zwei Wochen ist mein Vater gestorben, gerade nebenan in der anderen Doppelhaushälfte. Mein Vater war alt und schwach. Und wir hatten Riesenglück wie er gestorben ist. Da war ein einfühlsamer Palliativarzt mit den richtigen Medikamenten, da waren mein Bruder und meine Schwester, die Nachbarn und eine Freundin.

Fünf, sechs Tage ist das so gegangen: einer war bei Papa am Bett, und die anderen haben den Kindern bei den Hausaufgaben geholfen, Kuchen gebacken und Rasen gemäht. Ich habe in der Zeit sogar meiner Tochter Frisbeespielen im Garten beigebracht.

Wir haben das so machen können, weil mein Vater alles hatte, was er gebraucht hat.

Natürlich hatten wir auch schwere Momente. Als ihm die Schmerzen noch auf der gerunzelten Stirn anzusehen waren, oder als er angefangen hat sich wund zu liegen. Das war nicht leicht mit anzusehen. 

Eine knappe Woche waren wir so intensiv damit beschäftigt, dass mein Papa - oder eben für die Kinder - „der Opa“ stirbt. In der Zeit hat meine siebenjährige Tochter jeden Morgen gefragt: „Ist Opa schon gestorben?“ Immer habe ich gesagt: „Er lebt noch.“ Nur am letzten Morgen hab ich dann gesagt: „Ja, jetzt ist er gestorben.“ Und Franziska hat gemeint: „Gut. Dann geh ich jetzt zu ihm. Ich will wissen wie er so tot aussieht.“

Das hat Franziska dann gemacht, und es war für uns genau richtig so.

Ich bewundere alle, die einen Tod verkraften müssen, und mir ist klar, dass es bei uns sehr reibungslos, fast schon schön verlaufen ist. Aber auch das darf sein.

Dass mein Papa in Ruhe zuhause sterben durfte, ist ein Geschenk, das sich einerseits ganz schwer und tiefgründig angefühlt hat, andererseits aber auch ganz leicht, so wie die Frisbeescheibe im Garten.

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