Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

28JUN2023
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Wer gegenwärtig in die Gesellschaft hineinlauscht, hört ein bedrohliches „Grundrauschen“. Da liegt eine Nervosität in der Luft, die im Nu in Aggressivität umschlagen kann. Dann gibt ein Wort das andere, schon steht man mit dem Rücken zur Wand. Schnell fliegen die Fäuste. Manche greifen gar zum Messer oder schießen um sich, wie es jüngst in einer Fabrikhalle geschah.

Ist es die allgemeine Zukunftsangst, sind es immer noch Ausläufer von Corona, die zu solcher Überreizung führen? Mag sein, ganz gewiss trägt auch dieser erbärmliche Krieg vor unserer Haustür, der immer noch mehr eskaliert, zur Verunsicherung bei. Wer glaubt, politische Konflikte seien mit militärischer Gewalt auf „Schlachtfeldern“ zu lösen, darf sich nicht wundern, wenn dann auch im persönlichen Umfeld die Hemmschwellen sinken. Die politisch angekündigte „Zeitenwende“ schlägt durch auf manche Gemüter.

Wie aus der Zeit gefallen, kommt da eine der Seligpreisungen Jesu daher: „Selig sind, die Frieden stiften“ (Matthäus-Evangelium 5,9). Ich kenne welche von denen. Erzieherinnen zum Beispiel, die zeternde Kinder erst mal anhören, sie weinen und reden lassen, um dann einen Kompromiss vorzuschlagen. Ähnlich machen es gut ausgebildete Streitschlichter. Die Konfliktparteien müssen sich artikulieren, schon das führt in der Regel zur Versachlichung. Dann werden die Argumente angehört. Vielleicht gelingt es sogar, dass sich die Streitenden ein wenig in die Gegenseite einfühlen können. Auch hier steht am Ende ein verbindlicher Kompromiss. Geht doch! Zumindest bei kluger Moderation durch Unparteiische. Köpfchen ist allemal besser als körperliche Gewalt.

In vielen Unternehmen gelten klare Vereinbarungen, nämlich „Null-Toleranz“ gegenüber Gewalt, Anmache und Schikane. „Wer mobbt, der fliegt“ – das muss Beschäftigten vermittelt und im Ernstfall rigoros durchgesetzt werden. Natürlich erst dann, wenn alle Schlichtungsversuche gescheitert sind.   

Eine „Kultur des Friedens“ – auf allen Ebenen eingeübt und praktiziert – ist in Kriegszeiten nötiger, denn je. Denn um zu einem wirklichen Frieden zu kommen, braucht’s immer zwei, das ist wahr. Genauso wahr ist aber auch: Dann muss einer anfangen, aufzuhören!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37926
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