SWR3 Gedanken

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21JUN2023
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„Ich bin doch nicht blöd und arbeite bis zum Umfallen.“ So oder ähnlich hören das Personalverantwortliche offenbar in immer mehr Unternehmen. Persönliche Lebensgestaltung und Arbeit sollen zusammenpassen. Vor allem jungen Menschen ist das heute viel wichtiger als es mir noch war. Die Work-Life-Balance soll stimmen. Ich gehöre zur Generation der Boomer und ich weiß, dass manche aus meiner Generation da den Kopf schütteln. Von Ego-Tripps und ICH-Besoffenheit der Jungen ist da schon mal die Rede. Ich gebe zu, manchmal denke ich auch so. Und doch finde ich, sie machen manches richtig. Denn sie können ja nichts dafür, dass wir Älteren nur noch wenige Kinder bekommen haben. Und dass die keine Lust mehr darauf haben, für alle aus meiner Generation mitzuarbeiten, die nun die Rente genießen wollen. Überstunden und Burnout inklusive. Ich bin doch nicht blöd, sagen sich die Jungen. Sie haben Recht.

Kopfschüttelnd mit dem Finger aufeinander zu zeigen, bringt jedenfalls nicht weiter. Und natürlich kann weder die Ärztin in der Notaufnahme, noch der Lokführer im ICE einfach nach Hause gehen, wenn sie finden, sie hätten genug gearbeitet. Dafür braucht es andere Lösungen. Und ja, vielleicht heißt das auch, meine Ansprüche wieder ein wenig nach unten zu schrauben. Von einem Wohlstand etwa, der immer größer werden muss. Von Dienstleistungen, die immer und überall verfügbar sind. Mir und meiner Generation jedenfalls fällt das verdammt schwer. Viele der Jungen scheinen schon weiter zu sein. Vielleicht kann ich da noch was von ihnen lernen.

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