SWR3 Gedanken

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10JUN2023
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Eine atemberaubende Aussicht, pfeifende Murmeltiere und ein eiskaltes Bad im Bergsee. Ich hab tolle Bilder im Kopf, wenn ich an die letzte Bergtour mit meinem Freund Johannes denke. Und ich erinnere mich an eine kleine Lektion.

Johannes und ich waren auf dem Weg hoch zum Gipfel und hatten auf dem letzten Stück ziemlich zu kämpfen. Die ganze Zeit endlos bergauf. Da kommt uns ein gutgelaunter Mann entgegen und feuert uns an: „Der Weg ist das Ziel.“ Als er weg ist, platzt es im Dialekt aus Johannes raus: „So en bleder Ochs. Wenn des Ziel nit des Ziel is‘, was mühe mer uns dann hier enner ab?“

Obwohl ich echt nicht mehr kann, muss ich lachen. Dann erklärt mir Johannes, warum ihn der Satz so aufregt: „Weißt du, wenn du kein Ziel im Leben hast, dann gibst du dich doch auf. Du hörst auf dich anzustrengen für Dinge, die sich lohnen.“

Kurze Zeit später sind wir endlich oben. Wir können uns kaum satt sehen an dem Wahnsinns-Ausblick. Ich lehne mich ans Gipfelkreuz und beiße in mein Butterbrot. Johannes schaut durch sein Fernglas in die Weite und auf den Weg, den wir hochgelaufen sind.

 

„Der Weg ist das Ziel.“ Das hab ich schon tausendmal gehört. Hier oben auf dem Gipfel, verstehe ich den Satz so: „Schau mal, dass du vor lauter Gedanken an den Gipfel nicht aufhörst den Weg zu sehen. Da passieren Dinge, die selbst wie kleine Ziele sind.“ Mir fallen wertvolle Gespräche mit meinem Kumpel ein und wie wir auf halber Strecke in den Bergsee gehüpft sind. Der Weg gehört zum Ziel dazu. Er ist genauso wichtig. Und wenn ich alles, was auf dem Weg passiert mit auf den Gipfel nehme, bin ich am Ende umso reicher.

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