SWR3 Gedanken

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05JUN2023
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Die Küche ist echt schön geworden! Das denke ich und schaue mir zufrieden unsere selbstgebaute Küchenzeile im Landhausstil an: Naturholz für eine warme Optik und dazu passend: ein großes weißes Spülbecken mit Retro-Wasserhahn. Meine Frau und ich haben uns damit einen Traum erfüllt. Ich erinnere mich noch wie wir die schwere Küchenplatte vor dem Baumarkt auf das Autodach gehievt haben und wie wir alles haargenau ausmessen mussten. Wir haben ganze Abende geschliffen, gesägt und gestrichen und wir waren mehrmals kurz davor aufzugeben. Aber jetzt stehe ich vor dem Ergebnis und es ist: ziemlich perfekt.

Plötzlich klirrt es innerlich bei mir und ich bemerke in meinem Sichtfeld auf einmal optische Störungen: Auf den Unterschränken klebt an manchen Stellen irgendwas, das verdächtig nach Schokolade aussieht. Von wegen perfekt; links und rechts fehlen noch Abschlussleisten und dann sind da noch diese Macken in der Arbeitsplatte.

Jetzt macht sich in mir ein anderes Gefühl breit: Unzufriedenheit. Oh Mann, bis ich dazu komme da wieder ranzugehen, denke ich. Und ich fange an mich zu ärgern: Darüber, dass ich abends trotz Müdigkeit mehr investieren könnte. Dass andere das doch auch hinkriegen und dann noch meine altbekannte Grundsatzfrage: „Wie stelle ich meinen inneren Perfektionisten leiser?“

Ein paar Tage später kommt mein Kumpel Guy zu Besuch. Er sieht unsere Küche zum ersten Mal und ist hin und weg: „Total krass, wie ihr das hinbekommen habt – sieht echt mega gut aus!“ Sofort zeige ich meinem Kumpel die Makel. Er winkt aber nur ab und sagt: „Nimm‘ s leicht und bald kriegst du auch noch den Feinschliff hin.“ Jetzt atme ich auf und verstehe: Erstmal freuen an dem, was schon geschafft ist und dann sagen: Sieht super aus, nur weiter so!

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