SWR3 Gedanken

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02APR2022
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Jens war 15 und hatte eine ganz fiese Zahnspange. Und Anna aus seiner Clique hatte einen wunderbaren grobgestrickten, gelben Wollpullover. Und als sie sich – verdruckst wie Teenager das machen – kurz umarmen, da bleibt Jens mit seiner Zahnspange im Wollpulli hängen…als Jens das erzählt muss ich heulen vor Lachen. Was für ein Bild!! Und Jens hat lange gewartet, bis er diese Story auspackt. Aber jetzt hat er sich getraut…wir reden über unsere peinlichsten Momente. Wo wir am liebsten im Erdboden versunken wären.

Und es tut uns so gut!! Denn ich merke: Auch den anderen ist sowas schon passiert…auch sie haben Macken, sind nicht perfekt. Und so erzähle ich auch von unserer Studentenband in Freiburg, mit der wir ein Lied geschrieben hatten. Der Refrain lautete: „Verpeiler sind geiler“. Weil uns andauernd irgendwas Verpeiltes passiert ist. Zum Beispiel die vergessene Gitarre, die mein Kumpel auf der Bühne nach dem Auftritt liegen gelassen hat. Bis der Veranstalter uns anrief, ob wir die nicht mal abholen wollen. Oder die Aktion beim Wohnungsumzug, als ich wegen einer Schlüsselübergabe im Zug nach Freiburg saß. Blöderweise lag der Schlüssel aber noch zu Hause.

Das Fazit dieses ungewöhnlichen Abends: wir gehen voll entspannt nach Hause. Weil ich weiß, dass nicht nur ich nicht perfekt bin, sondern auch alle anderen nicht. Wir haben uns nicht nur von unserer Schokoladenseite präsentiert. Das geht natürlich nur, wenn man sich vertraut. Und als Christ geht das für mich auch, weil ich weiß: Ich bin von Gott geliebt, wie ich bin. Mit meinen Macken und Fehlern. Und diese Liebe schaut nicht nach „höher, schneller, weiter“, sie ist bedingungslos.

Und in so einer Gesellschaft will ich leben: Wo nicht zählt: „Der Schwächste fliegt“. Sondern in der die Schwächen des anderen und meine eigenen auch ok sind. Weil das einfach zum Menschsein dazugehört. Nobody is perfect.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35134
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