SWR3 Gedanken

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31MRZ2022
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Lars ist ein Kumpel, den ich vom Theologiestudium kenne. Wir beide lieben guten Kaffee und dabei tauschen wir uns regelmäßig über das aus, was es Neues gibt. Letzte Woche hat mich Lars dann komplett überrascht: „Ich bin wieder zu meinen Eltern gezogen. Jetzt wohnt eine ukrainische Frau mit ihrem Kind in meiner Wohnung!“. Die Bilder von fliehenden Menschen aus Kiew oder Charkiw haben ihn und seine Eltern zum Hörer greifen lassen: „Wir können Menschen aufnehmen“, haben sie dem Pfarrer vor Ort gesagt, als ihnen die Bilder der Bomben in ukrainischen Städten nicht mehr aus dem Kopf gingen. Und gar nicht groß überlegt. Und der Seelsorger vermittelt sie weiter an ein ganz besonderes Ehepaar: Er Russe, sie Ukrainerin. Und beide tief erschüttert über Putins Krieg. Und deshalb organisieren sie Hilfe für jene, die aus dem Krieg fliehen – dolmetschen, vernetzen und vermitteln die 34-Jährige Alina und ihre neunjährige Tochter Daria, die gerade in Deutschland gestrandet sind, an Lars und seine Eltern. Denn denen gehört die Wohnung, wo Lars vorübergehend eingezogen war. Und die räumt er über Nacht frei: Das Foto seiner Freundin, seine Lederjacke und die Laufschuhe, die nimmt er mit in sein früheres Kinderzimmer. Den leeren Kleiderschrank von Lars können Alina und Daria noch nicht wieder füllen – sie haben nur, was sie am Leib tragen. Aber Lars erzählt mir: „Es ist großartig, was gerade auch von vielen russischen Bekannten vor Ort an Hilfe kommt.“ Darias Papa kämpft unterdessen in der Ukraine. Welche Bilder das Mädchen im Kopf mitgebracht hat, das weiß Lars nicht. Er weiß nur: Ganz sensibel wollen er und seine Eltern in der nächsten Zeit mit den beiden umgehen und helfen, wo die beiden Hilfe brauchen.

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