Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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24FEB2022
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Weiberfastnacht, Altweiberfastnacht, Fetter Donnerstag. Das sind nur drei von vielen Namen, die dieser Tag heute trägt. Je nachdem, wo man in Deutschland lebt. Schließlich beginnen heute ganz offiziell die „tollen Tage“ bis zum Aschermittwoch, an dem ja bekanntlich schon wieder „alles vorbei“ ist. Natürlich kann auch dieses Jahr wieder nur ganz vorsichtig gefeiert werden kann. Aber viele Frauen werden sich den Tag heute auch vom Virus nicht vermiesen lassen.

Spätestens seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wird dieser Donnerstag gefeiert. Und gewissermaßen Schuld daran ist - die Kirche. Denn die ruft ja ab dem nächsten Mittwoch zu sieben Wochen ohne auf. Zu sieben Wochen Fasten und Verzicht. Und weil die Kirche und die christlichen Traditionen das Leben der Menschen damals noch stark bestimmt haben, wollte man es vorher natürlich nochmal so richtig krachen lassen. Darum gibt’s ja Fastnacht, darum Karneval, und darum die anarchische Lust, die Welt vor dem großen Verzichten noch mal für ein paar Tage auf den Kopf zu stellen. Und damit eben auch die gesellschaftliche Rolle der Frauen damals.

Nur scheint das heute alles irgendwie aus der Zeit gefallen. Von der Kirche lassen sich die allermeisten Menschen nicht mehr ins Leben reinreden. Und auch an die christliche Fastenzeit hält sich streng genommen nur noch eine Minderheit. Und die Frauen? Zumindest jene, die ich kenne, fühlen sich wohl nicht mehr gegängelt und bevormundet. Die Vorstellung, dass sie heute auch mal was zu sagen haben, zumindest für einen Tag, wirkt für moderne Frauen, die Job und Familie managen, wohl unfreiwillig komisch.

Und doch ist es wichtig, dass es Tage wie diesen gibt. Tage, die deutlich machen, dass Leben mehr ist als Alltag und Pflichterfüllung. Dass es unbedingt diese kleinen Fluchten und Freiräume geben muss. Immer wieder mal. Ausgelassen und unkonventionell. Und mit unbändiger Lebensfreude. Denn Alltag und Arbeit sind gerade ja wirklich ernst genug.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34902
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