SWR3 Gedanken

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02FEB2022
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„100.000 Euro gönnen Ihnen die Leute noch. Ab einer Million wird es schwierig.“ Ein bisschen umgehauen hat mich der Satz schon. Er stammt von einem, der es wissen muss. Für eine Lottogesellschaft berät er nämlich die richtig großen Gewinner. Menschen also, die urplötzlich mächtig reich sind. Eine „Neidschwelle“ nennt er das auch.

Ich glaube ja, dass diese Neidschwelle tatsächlich schon viel früher anfängt. Denn neidisch auf andere zu sein ist zutiefst menschlich. Und wenn Neid erst bei so stattlichen Summen aufkäme, dann hätte der Neid es sicher nie zu einer von den sieben „Todsünden“ gebracht. Um neidisch zu werden reicht es ja schon, dass ein anderer irgendwas hat, das ich nicht habe. Das neue Auto vielleicht, das ich mir nicht leisten kann. Die Hilfe vom Staat, die ich nicht kriege. Der Job, den ich gern bekommen hätte und den jetzt dieser Typ hat, der viel jünger ist als ich.

Aber ist neidisch zu sein deshalb gleich moralisch verwerflich? Eine Todsünde sogar? Ich entscheide mich ja nicht aktiv dazu. Ich bin es einfach. Allerdings: Eins haben die sieben mittelalterlichen Todsünden tatsächlich alle gemeinsam. Sie ruinieren menschliche Beziehungen. Nachhaltig. Und am Ende auch mich selbst. Denn wenn ich dem anderen sein Glück partout nicht gönnen kann, dann werde ich auch selbst kaum glücklich werden.

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