SWR3 Gedanken

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13DEZ2021
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Ein Jude, ein Hindu und ein Orthodoxer fahren zusammen quer durch Deutschland. Klingt wie der Anfang von einem Witz. Aber ich war selber dabei. Erst vor kurzem. Per Mitfahrzentrale habe ich drei Leute im Auto mitgenommen.

Also nochmal: ein Jude, ein Hindu, ein Orthodoxer fahren mit einer Protestantin quer durch Deutschland. Und alle vier staunen abwechselnd und gemeinsam. Über unsere unterschiedlichen Kulturen und Lebenswege.

Zuerst mal sind meine Mitfahrer ein wenig überrascht, dass ich als Frau Pfarrerin sein kann. Der Rumäne spricht nicht so gut deutsch. Aber er hat verstanden, dass ich evangelisch bin. Und seine Augen leuchten. Mit einfachen Worten schildert er, wie er einmal einen evangelischen Gottesdienst besucht und wie gut er ihm gefallen hat. Aber orthodox bleibt er natürlich trotzdem.

Ganz anders mein jüngster Mitfahrer. Er ist als Hindu in Deutschland geboren und aufgewachsen. Seine Eltern verehren den Gott Subrahmanya. Er selbst fängt mit diesem Glauben nicht viel an. Lieber konzentriert er sich auf sein duales Studium. Doch wenn er die Eltern besucht, macht er die Riten gerne mit. Was für uns fremd und faszinierend klingt, ist für ihn ein Stück deutsche Heimat.

Am meisten staunen wir über den jüdischen Mitfahrer. Er erzählt von seinem langen Weg aus dem ultraorthodoxen Judentum. Heute ist er Rabbi einer liberalen Gemeinde.

Natürlich reden wir nicht während der ganzen Fahrt über unseren Glauben. Aber dass jeder von uns etwas von sich dazu erzählt hat, verändert die Atmosphäre im Auto. Und am Ende der Fahrt verabschieden wir uns herzlich voneinander. Wir fühlen uns wie der lebendige Beweis, dass interreligiöser Friede im Kleinen beginnt. Jesus hat einmal gesagt: Selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen. Wie sich das anfühlen kann haben wir auf der Autofahrt gespürt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34464
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