„Also, Geduld ist nicht meine Stärke!“ Das sagt mir der Mann, den ich im

Krankenhaus besuche. Nach vielen unterschiedlichen Diagnosen, Therapien, Krankenhausaufenthalten, weiß er immer noch nicht genau, was Sache ist. Das ist der Hammer, denke ich, dass er denkt, er sei nicht geduldig. Es ist doch unglaublich viel Geduld, die er schon aufgebracht hat. Ich wäre schon längst verzweifelt.

Ich habe danach noch lange überlegt, wie oft ich das höre: Ich habe keine Geduld. Fast jeder sagt das, habe ich das Gefühl. Auch ich muss sagen: Geduld ist nicht meine Stärke. Dazu muss ich nicht einmal krank sein, da reicht die Dose, die ich nicht aufbekomme, oder ein Streit meiner Kinder. So oft brauche ich Geduld und nehme mir es immer wieder vor, denn theoretisch weiß ich ja, was hilft: Tief durchatmen, lächeln, und denken: Wird schon! 

Das hat der Patient auch gesagt: Wird schon wieder! Dabei weiß er nicht, ob und wie es wieder wird. Er hat keine Lappalie, das ist sicher. Patient, das ist der, der erduldet. So ist die Bedeutung des lateinischen Wortes im Deutschen. Erdulden, das müssen wir alle ab und zu. Erleben, dass ich etwas nicht ändern kann, dass mich etwas traurig macht, dass mir alles zu viel ist. Geduld? Kann man das üben?

Wie das gehen könnte, dazu lerne ich von dem Mann im Krankenhaus auch noch was. Er sagt am Ende: „Sie haben recht, vielleicht habe ich das ja doch, Geduld. Aber nicht auf lange Sicht. Immer nur für den nächsten Tag. Bleibt einem auch nicht viel übrig. Aber mit ein wenig Geduld und mit Gottvertrauen blicke ich auf den nächsten Tag und hoffe: es wird!“ Vielleicht ist das das Geheimnis von Geduld: In kleinen Schritten denken. Immer nur das nächste Stück anschauen – nicht die ganze Strecke.  Ich glaube, da hat er recht. Und das will ich üben. Ich will sozusagen Patientin sein, solange ich gesund bin und alles in Ordnung ist, und Geduld ansammeln für die Zeit, in der ich es vielleicht so richtig brauche.  Geduld.  Schritt für Schritt.