SWR2 Wort zum Tag

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24JUN2021
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Dem Priester Zacharias hatte es die Sprache verschlagen. Schließlich: Wer sollte das denn glauben, was der Engel ihm da ankündigt: Du bist schon ein alter Mann und deine Frau gilt ja als unfruchtbar – aber ihr werdet einen Sohn bekommen und dem sollt ihr den Namen Johannes geben. Als Prophet soll er das ganze Volk aufrütteln, dass sie sich wieder auf Gott verlassen… Meine Frau und ich sind zu alt für’s Kinderkriegen – sagt Zacharias; das war doch ein sehr vernünftiger Einwand. Obwohl damals noch keine Rede war von Risiko-Schwangerschaft. Aber jedenfalls hat er Bedenken – und dafür verschlägt der Engel ihm die Sprache; Zacharias verstummt…

Als dann das Kind geboren ist, wollen die Verwandten ihn Zacharias nennen, wie den Vater – also alles wie üblich: Da überrascht die Mutter Elisabet mit der Ansage: Nein, er heißt Johannes. Auch sie bricht die gesellschaftliche Konvention. Da tritt eben ein sehr ungewöhnliches Kind ins Leben. Den Namen also muss der Vater entscheiden – und der schreibt auf ein Täfelchen: Johannes ist sein Name; wie vom Engel angesagt…

Die Geburt dieses besonderen Menschen feiert die Christenheit heute, am Johannistag. Und mit Johannisfeuern und Mittsommerfest und vielen anderen Bräuchen feiert auch der Rest der Welt diesen Heiligen irgendwie gleich mit...

Auffällig ist der dann ja auch geblieben: Zieht als junger Mann in die Wüste, trägt nur einen Kittel aus Kamelwolle, ernährt sich angeblich von Heuschrecken und wildem Honig – fast schon modern, von heute aus gesehen: eiweißreiche Kost, wenn auch nicht wirklich vegan oder vegetarisch…

Vor allem hat er was zu sagen – und die Leute hören auf ihn. Obwohl er sie „Schlangenbrut“ nennt – und eigentlich vor allem soziales Tun verlangt: Wer zwei Mäntel hat, soll einen abgeben; wer genug zu essen hat, soll teilen mit jemand, der oder die hungert. Und Beamte sollen nur soviel verlangen, wie das Gesetz vorschreibt.

Lauter Ideen, die auch heute noch sinnvoll wären;  die sich jedenfalls gut übersetzen lassen auf heutige Verhältnisse. Und wenn so einer die Mächtigen angeht, wird es lebens-gefährlich – damals spricht der Prophet Johannes gegen den Diktator Herodes; heute hieße er vielleicht Maria Kolesnikowa oder Roman Protasewitsch – Gott sei Dank alle noch am Leben.

Wo jemand mutig und deutlich und laut wird, ist es doch gut, dass es manchen die Sprache verschlägt. Vielleicht lernen sie ja, mal den mächtigen Mund zu halten, nachzudenken und den richtigen Weg zu finden…

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33380
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