SWR2 Wort zum Tag

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26MAI2021
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Beethoven und Corona. Für mich gibt es da einen ganz speziellen Zusammenhang. Ich erinnere mich noch sehr genau an die Premiere von Beethovens Oper „Leonore“ an der Wiener Staatsoper letztes Jahr im März. Es war in den Tagen des ersten Lockdowns und die Musiker spielten vor dem leeren Zuschauerraum. Diese Premiere sollte eines der großen Events im Beethoven-Jahr werden. Aber die Kulturwelt konnte Beethoven längst nicht so feiern, wie er es verdient hätte. Heute denke ich mir: Das musste so sein. Das passt zusammen, gerade weil es so gegensätzlich ist: Auf der einen Seite die Pandemie, die zu Einschränkungen führt mit Ausgangssperren, Lockdowns, Schulschließungen und Masken in den Gesichtern der Menschen; auf der anderen Seite Beethoven, der mit seiner „Leonore“ ein Bekenntnis für die Befreiung des Menschen gibt.

Da ist die junge Leonore.  Sie kämpft mit allen Mitteln darum, dass ihr geliebter Florestan aus dem Gefängnis befreit wird. Florestan sitzt nicht wegen eines Verbrechens ein, sondern weil er sich gegen den Diktator Don Pizarro aufgelehnt hat. Leonore verkleidet sich als Mann und schleicht sich unter dem Namen „Fidelio“ ins Gefängnis ein. Sie plant eine Befreiungsaktion, die dann am Ende doch auffliegt. Alles, was sie getan hat, scheint umsonst zu sein. In letzter Minute kommt jedoch der Minister des Königs, der für Gerechtigkeit sorgt und Florestan befreit.

Für mich hat diese Geschichte etwas Tröstendes. Gerade wegen Corona. Die meisten von uns mussten im letzten Jahr Dinge entbehren und auf manches verzichten, durch die Ausgangssperren sogar auf Freiheitsrechte. Und gerade angesichts der vielen Pannen habe ich mich oft gefragt, ob das alles umsonst ist - wie bei Leonore: Wir haben erlebt, wie Tests-für-alle immer wieder verschoben wurden und die Impfkampagne nur schwer in Gang gekommen ist. Im Moment sieht es so aus, als ob es aber doch noch zu einem einigermaßen guten Ende führt. Wie Leonore in der Oper tun viele von uns fast alles, was ihnen möglich ist, um endlich eine Wendung zum Guten herbeizuführen. In der Oper ist es der Minister, der wie aus einer anderen Sphäre auftaucht und am Ende dafür sorgt, dass es doch noch gut ausgeht. Als gläubiger Mensch ist das für mich ein Bild, dass das Gelingen all unserer Bemühungen letzten Endes immer auch von Gott abhängt. Wir alle müssen weiter tun, was wir können. Und gerade dann, wenn es sich mal wieder so anfühlt, als ob unsere Bemühungen umsonst sind, baue ich auf  Gott: Es liegt in seinem Interesse, wenn das gelingt, was wir gemeinsam leisten. Und ganz am Ende ist er es, der alles zum Guten führt. 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33211
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