SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

25MAI2021
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Sie heißen verwaiste Eltern: Eltern, deren Kinder den Kontakt zu ihnen abbrechen. Ich habe von so einem Fall in der Zeitung gelesen. Dadurch habe ich bemerkt, dass ich mehrere solche Fälle kenne, wo Eltern den Kontakt zu ihrem Kind verlieren. In diesem Fall hat die Tochter den Kontakt abgebrochen, weil ihre Eltern Corona-Leugner sind. Sie sagt, es sei kein Familientreffen mehr möglich, bei dem nicht über diesen Punkt gestritten wird. Sie will diese Konflikte nicht weiter erleben und nicht, dass ihre Kinder diese dauernde Streiterei mitbekommen. Die Gründe für so einen Bruch sind genauso vielfältig wie die Fälle: Bei den einen ist es die Tatsache, dass ihr Sohn offen homosexuell lebt, bei den anderen eine Suchterkrankung, die dazu führt, dass die Kinder nichts mehr mit den Eltern zu tun haben wollen. Dass es zu solchen Brüchen kommt, die nicht mehr zu kitten sind, finde ich tragisch. Und ich bin traurig und fühle mich hilflos, wenn ich das sehe. Denn beiden Seiten fehlt eine der engsten Bindungen, die man im Leben hat: Den Kindern fehlt der sichere Ort, an dem sie in jeder Lebenssituation Schutz finden. Den Eltern fehlt, dass sie miterleben, wie etwas von ihnen selbst das Band des Lebens weiterführt.  Besonders schwierig finde ich es, wenn die Eltern nicht einmal den Grund erfahren, weshalb sie nichts mehr von ihrem Kind hören. Sie suchen dann ständig nach dem, was sie falsch gemacht haben. Und viele fühlen sich schuldig.

Ich bezweifle aber, dass das weiterführt. Ich gehe davon aus, dass Eltern das Beste für ihr Kind wollen.

Wenn ich mit verwaisten Eltern rede, wünschte ich, ich könnte diese Beziehung heilen. Aber das geht nicht so einfach. Bis es so weit kommt, ist meistens schon sehr viel passiert. Oft ist der Bruch mit den Eltern der einzige Weg, wie sie sich befreien können - von falschen Erwartungen und Vorwürfen, die sie innerlich spüren. Das kann ich verstehen und trotzdem ist es schwierig, es zu akzeptieren.

Dabei müssen alle Eltern irgendwann lernen, ihre Kinder ins Leben loszulassen,  damit sie eigene Schritte machen und eigene Entscheidungen treffen. Das ist für viele schwierig. Leichter ist es, wenn ich meine Kinder nicht ins Nichts loslasse, sondern sie der Obhut Gottes anvertraue. Ich verlasse mich darauf, dass Gott wie ein guter Vater und eine gute Mutter das Beste für uns Menschen will. Darauf zu vertrauen ist sicherlich nicht einfach, aber es eröffnet eine Perspektive in eine Freiheit, wie sie nur Gott eröffnen kann.

Vielleicht ist das sogar ein Weg, wie alle Eltern grundsätzlich frei davon werden können, dass ihre Kinder sich nach ihren Vorstellungen entwickeln sollen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33210
weiterlesen...