SWR3 Gedanken

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27FEB2021
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Sprache ist im Fluss. Und manchmal reißt der Strom der Zeit auch Wörter mit sich. Sie gehen unter und verschwinden nach und nach aus der Alltagssprache. „Barmherzig“ ist so ein Wort, zumindest kommt es mir so vor. Ich höre es immer seltener, verwende es auch selbst kaum mehr.

Eigentlich schade. Denn wir Menschen denken ja in Wörtern. Wofür es keine Wörter gibt, das können wir nicht denken. Verschwindet ein Wort aus unserer Sprache, verschwindet es auch aus unserem Denken. Und dann müssen umständlich umschreiben, um das zu erklären, wofür es zuvor ein Wort gab.

So ist es mit „barmherzig“ auch. Wenn wir in der Schule auf eine Bibelstelle stoßen, in der das Wort „barmherzig“ vorkommt, müssen wir immer erst gemeinsam überlegen, was das denn bedeutet.

Unser Wort barmherzig leitet sich ab von „bei Armen das Herz haben“ oder auch „ein Herz für Arme haben“. Arm bedeutet dabei nicht nur finanziell arm, es kann auch einen anderen Mangel beschreiben. Zum Beispiel arm an Liebe oder auch arm an Selbstachtung. Wer barmherzig ist, hat die im Blick, denen es nicht gut geht. Setzt sich für sie ein, hilft auf ganz verschiedenen Wegen.

Wer also „barmherzig“ ist, ist auch „warmherzig“. Mit sich und mit anderen. Will verstehen, warum der arme Mensch so ist, wie er ist. Barmherzige helfen Armen, Mut und Kraft zu finden, das Unrecht, das angetan worden ist, nicht zu rächen, sondern es zu beenden.

Ich hoffe, dass wir das Wort wiederbeleben. Einfach weil viele so leben: barmherzig.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32635
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