SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

07FEB2021
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Hiob – ein rechtschaffener Israelit im Lande Uz – klagt heute in den katholischen Kirchen Gott sein Leid. Im Stundentakt rauschen ihm Horrormeldungen in die gute Stube, wahre „Hiobs-Botschaften“: Seine Kinder sind ums Leben gekommen, Knechte von Nachbarstämmen massakriert, die Herden über alle Berge. Und nun hat ihn selbst noch eine schlimme Krankheit umgehauen. Alles im Eimer!

„Enttäuschung ist mein Erbe,“stöhnt Hiob. Enttäuscht von wem? Von seinem Gott, liest man da zwischen den Zeilen, denn auf ihn hat er ohne Wenn und Aber gesetzt. Voller Schmerz bricht es aus ihm heraus: „Kummervoll sind meine Nächte. Wenn ich mich schlafen lege, denke ich: Wann darf ich endlich wieder aufstehen? Die Nacht zieht sich in die Länge, ich wälze mich hin und her bis zum Morgen.“(Hiob 7,3-4). Schlaflos im Lande Uz. 

Auch manche von uns kriechen heute früh wie gerädert aus den Federn. Sie haben sich die ganze Nacht schlaflos in den Kissen gewälzt: Kranke zum Beispiel, denen die Schmerzen keine Ruhe ließen. Ein Streit, ein Zerwürfnis, das man nicht beilegen konnte, wühlt auf und verfolgt einen bis in unruhige Träume. Andere plagt die Angst vor Infektion, die Angst, die Arbeit zu verlieren. Wieder andere fürchten, dass ihnen ein lieber Mensch genommen wird. Am meisten aber quält das Gefühl, von Gott und der Welt verlassen zu sein.

Kam Hiob wieder raus aus dem Tal der Tränen? Er stellt Gott voller Zorn zur Rede. „Denk daran, dass mein Leben nur ein Hauch ist“, schleudert er ihm entgegen (Hiob 7,6-7). Du hast es ja nicht anders gewollt, hört man da heraus. Dann tu endlich das Deine, dass mein bisschen Leben gelingt und ich wieder Glück erfahren kann.

Und siehe da: Gott lässt sich auf einen Dialog ein. Wenn er uns schon nach seinem Bild und Gleichnis geschaffen hat, muss er aushalten, dass wir ihm auf Augenhöhe gegenübertreten. Er erläutert Hiob in aller Geduld, dass er es trotz allen Leids gut mit uns Menschen meint. Und Hiob vertraut, wird wieder gesund und vermögend – mehr als zuvor!

Der Gott der Bibel ist kein polterndes Ungeheuer, kein Rachegott, sagt mir diese Geschichte. Mit dem kann und muss man streiten. Er will´s gar nicht anders! Hiob lässt mich hoffen: Wenn wir Gott zur Rede stellen, kommt er vielleicht auch uns im Leid entgegen, tröstet uns und richtet wieder auf.     

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32554
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