Sag doch mal „Bitte“. Mein Sohn regt sich über einen Bekannten auf, der dieses Wort nicht zu kennen  scheint. Her mit der Butter - das Wort Bitte stört nur. Schlechte Kinderstube? Oder ein Extrembeispiel für etwas, was  menschlich ist – nicht bitten wollen, nicht angewiesen sein wollen auf Hilfe. Das wäre unwürdig. Denken viele.

So hat wohl auch der Theologe Markion gedacht in den Anfangszeiten der christlichen Bewegung. Man kann sich den Gottessohn doch nicht mit Windeln vorstellen, hat er gesagt. Wie unwürdig ist das denn? Unglaublich, dass Gott selber so  schwach und angewiesen ankommen soll in unserer Welt.

Wenn man viele Krippenspiele mit Windelpuppen gesehen hat, ist man abgehärtet  - Jesus in Windeln, das ist selbstverständlich und stört nicht mehr. Dabei hat Markion doch recht. Wenn Gott groß und allmächtig ist, wie kann er sich so zeigen, klein und hilflos? Ich glaube: Weil er eben ganz Mensch wird. Keine faulen Kompromisse, sondern ganz und gar. Ganz Mensch – dazu gehört auch das Angewiesensein auf andere. Deshalb muss man manchmal Bitte sagen. Auch wenn ich mein Leben lang bemüht bin, das zu verdrängen. Wer will denn nicht auf eigenen Beinen stehen, wer will nicht autark und autonom sein?

Gott hat´s anders gemacht. Er ist ganz bewusst so geworden, dass er andere braucht, in Windeln, auf der Flucht als Kleinkind, als armer Wanderprediger, als Gefolterter und am Kreuz. Er hat oft Nein gehört von anderen, wurde verleugnet und verraten. Das war bitter. Und trotzdem hört er nicht auf, Bitte zu sagen. Auch an Weihnachten. Bitte. Versucht nicht krampfhaft stark zu sein. Vertraut, seid füreinander da, verändert etwas in der Welt, die so sehr Eure Liebe braucht. Wir Menschen sind nicht autark, sondern brauchen einander, nicht nur als Baby. Und das ist  auch nicht schlimm. Wer schon mal für jemanden gesorgt hat, wer in Hilflosigkeit Gutes erfahren hat oder wer sich auf die Liebe einlässt, der kann ein Lied davon singen:

Die Windel erinnert daran: Jeder braucht mal was. Bitten lohnt sich. Und Geben erst recht. In diesem Sinn: Frohe Weihnachten!