SWR2 Wort zum Tag

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09DEZ2020
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Glauben und Zweifeln heißt eine Rubrik in einer großen Wochenzeitung. Da blicken Autorinnen und Autoren und die Redaktion auf Fragen, die meist ein bisschen mehr sind als nur philosophisch. Wer glaubt, tut ja jedenfalls mehr als nur sich Gedanken machen – wer an ein irgendwie göttliches Wesen glaubt, entscheidet sich zu einem Vertrauen oder sogar zu einer Sicherheit, die sich kaum erklären und ganz verstehen lässt. Ein bisschen ist so ein Glaube wie die Liebe. Unerklärlich oft, warum sie ausgerechnet diese zwei Menschen trifft, die da zueinander hin gezogen werden, warum es „gefunkt“ hat…

Zweifeln ist da ein wenig anders. Fragen und Anfragen, Gedanken und Erfahrungen sind es, die zu Zweifeln werden können – und dazu, dass Sicherheit und Vertrauen auf einen Gott irgendwie verfliegen; oder ganz langsam abgenagt werden – bis sie eines Tages verschwunden sind. Mehr Zweifel als Glaube…

Oft stammen diese nagenden Fragen und kritischen Gedanken ausgerechnet aus schlechten Erfahrungen, die Menschen mit einer konkreten Gestalt des Glaubens gemacht haben. Mit ihrer Kirche etwa oder mit einer anderen religiösen Gemeinschaft und mit Menschen, die ihnen da begegnet sind. Oft widersprechen sich ja Glaube und religiöse Praxis.. . Und das kommt nun mal vor, wo Menschen vorkommen.

Ob solche Zweifel unseren Glauben schlechtmachen, wie manche zu fürchten scheinen? Keine Spur; da bin ich ganz sicher: wer glaubt, kann Zweifel zulassen – auch bei sich selbst; und von außen schon sowieso. Der Zweifel stellt Fragen, die ich mir im Grunde ja auch selbst stelle. Zweifeln darf ich sowieso an vielen Entwicklungen oder Nicht-Entwicklungen in meiner Kirche – und wenn ich in die Welt blicke und so viel Not sehe, könnten schon mal Fragen aufkommen, ob da wirklich ein guter und liebevoller Allmächtiger am Werk ist.

Ich bin froh, dass es Menschen gibt, die mit mir zusammen solchen Fragen nachgehen und Zweifel zulassen. Sie machen mein Vertrauen auf Gottes Güte eher stärker - selbst im Zweifel. Da fühle ich mich nah an dem Vater, dessen Sohn in der Bibel krank ist und der Jesus um Hilfe angefleht hatte. „Ich glaube“, sagt der zu Jesus. „Hilf meinem Unglauben“. Und der Junge wird gesund…

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32184
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