SWR2 Wort zum Tag

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11AUG2020
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Kein Sommer wie jeder andere ist das in diesem Jahr! Sicher, man kann wieder in andere Länder reisen. Fluglinien bauen nach und nach ihre Flugpläne wieder auf.  Fernreisen werden auch wieder möglich.

Trotzdem, kein Sommer wie jeder andere. Zu sehr erinnere ich mich an das, was in den letzten Monaten alles nicht möglich war. Aber auch an das Gefühl, dass man – ganz nebenbei – entdecken konnte, was wirklich zählt im Leben.

Gute Beziehungen zu anderen Menschen. Die Möglichkeit, Freunde und Verwandte zu sehen, wenn schon nicht zu umarmen. Oder wie schön es ist, einfach mal wieder einen Waldspaziergang zu machen.

Es gibt Leute, die sagen ja, der Wald sei das Meer der Deutschen. Was, glaube ich, nicht falsch ist. Ich jedenfalls kann in den Wald richtig eintauchen. Und spüren, wie die gute Luft unter dem grünen Blätterdach mir gut tut.

Waldspaziergänge, bestätigen Forscher, wirken sich positiv aus auf uns Menschen. Stresshormone verringern sich. Das Immunsystem wird gestärkt.

Vielleicht haben wir manches davon vergessen. In einem Lied aber, das über zweihundert Jahre alt ist, spricht schon der Dichter Joseph von Eichendorff von der wunderbaren Wirkung des Waldes.

Von den Tälern und den Höhen, ja sogar vom „andächtigen Aufenthalt“ im Wald erzählt er in seinem Lied. Und meint, im Wald liege geradezu die Medizin für den gestressten Menschen der Gegenwart. „Da draußen, stets betrogen, saust die geschäftge Welt, schlag noch einmal den Bogen um mich, du grünes Zelt.“

Was mir auffällt: der Wald wird in Eichendorffs Lied wie ein Kirchenraum beschrieben. Ein Ort, wo ich zur Ruhe komme. Abstand nehme vom hektischen Alltag. Und zu mir selbst finde.

Der Wald hat für den Dichter sogar eine Botschaft: „Im Walde steht geschrieben ein stilles, ernstes Wort“, sagt er. Allerdings ist er so klug, nicht zu verraten, wie dieses stille, ernste Wort heißt. Das, denke ich, muss ich schon selber für mich herausfinden.

In einem Sommer, der keiner ist wie jeder andere. Aber sommerlich genug, um mir klar zu machen:  ich muss nicht Hunderte von Flugkilometern zurücklegen, um mich zu erholen. Es geht viel einfacher!

Der Wald ganz in meiner Nähe rauscht mir zu: Lass dich vom Klang der Schöpfung berühren! Schließe die Augen, dann hörst du „das stille und ernste Wort“. Leise vielleicht, aber deutlich vernehmbar!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31404
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