SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

16JUL2020
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

In unserem Garten stehen gerade zwei Bienenkästen. Nicht, dass wir unter die Imker gegangen wären. Die Bienen sind vorübergehend zu Gast. Aber ich muss zugeben: Ich habe in den letzten Wochen angefangen, die kleinen Tiere gern zu haben.

Es sind friedliche Völker, die sich von menschlichem Besuch nicht stören lassen. Und es hat etwas Meditatives, vor dem Bienenstock zu sitzen und ihnen eine Weile bei ihrem geschäftigen Treiben zuzusehen.

Die Unermüdlichkeit, mit der sie ihrer Arbeit nachgehen, ist aber auch in anderer Hinsicht beeindruckend. Für ein Kilo Honig müssen sie 40.000 Kilometer fliegen, in einem Honigglas stecken 12.000 Arbeitsstunden. Eine richtige Wirtschaftsmacht sind die Bienen aber durch ihre Bestäubungsleistung: Über zwei Drittel unserer Nutzpflanzen werden durch Bienen bestäubt, den Wert dieser Leistung beziffern Forscher mit bis zu 500 Milliarden Euro weltweit.

Was wir den Bienen verdanken – ich habe erst durch Bienenstöcke im Garten wieder mehr darüber nachgedacht. Den Menschen früherer Zeiten war das stärker bewusst. Sogar im Osterlob, dem „Exsultet“, das seit der Antike im christlichen Gottesdienst in der Osternacht erklingt, hat die Biene ihren festen Platz. Denn das Osterlicht, das sich in der Kirche verbreitet, wird, so heißt es in der Liturgie, genährt vom schmelzenden Wachs, das der Fleiß der Bienen für diese Kerze bereitet hat,

In einer früheren Fassung schloss sich daran sogar noch ein längeres „Bienenlob“ an – mit einer genauen Beschreibung des Lebens und die Arbeitsweise der Bienen: Die Biene, so sang der Pfarrer in der lateinischen Osternacht-Liturgie, überragt alle übrigen Lebewesen, die dem Menschen unterworfen sind. Obwohl sie winzig ist in ihres Körpers Kleinheit, gewaltige geistige Kräfte wälzt sie in ihrer engen Brust. [...] O wahrhaft glückliche und wunderbare Biene!

Ausgerechnet diese Tiere sind heute bedroht – seit Mitte der achtziger Jahre ist ein Viertel aller Bienenvölker in Mitteleuropa eingegangen. Pestizide und mangelnde Vielfalt an Pflanzen spielen dabei eine Rolle. In China werden in manchen Gebieten jetzt schon Obstbäume von Hand bestäubt, weil es keine Bienen mehr gibt. Die Arbeiter sind aber nicht annähernd so effektiv wie die kleinen Tiere.

Das Land, in dem Milch und Honig fließen – in der Bibel ist das der Inbegriff des guten, gelobten Landes. Eigentlich leben wir in so einem Land. Und haben den Auftrag, es nicht zu zerstören, sondern zu bewahren. Nicht nur, aber auch für die Honigbienen, die in unserem Garten so fleißig ihrer Arbeit nachgehen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31300
weiterlesen...