SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

16JUN2020
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Auftauchen, nachdem man längere Zeit abgetaucht war. Endlich wieder durchatmen können! Was für eine Befreiung!

Ich erinnere mich: als Kinder haben wir im Schwimmbad getestet, wer von uns am längsten tauchen kann. Wie lange schaffe ich es, mit angehaltenem Atem unter Wasser zu sein? Irgendwann wird die Luft knapp. Der Drang nach oben unwiderstehlich. Und dann endlich: das Glück des ersten, tiefen Atemzuges!

Das ist auch die Erfahrung des Jona. Seine Geschichte wird im Alten Testament erzählt. Man hatte Jona bei einem schweren Unwetter von Bord eines Schiffes geworfen. Weil man einen Schuldigen brauchte wegen des drohenden Schiffsuntergangs.

Sein Sturz über die Reling. Die riesigen Wellen waren über ihm zusammengeschlagen. Dann verschluckte ihn auch noch ein mächtiger Fisch. Das aber war seine Rettung. Denn der Fisch spuckte ihn nach drei Tagen unversehrt wieder aus. Ans sichere Land.

Eine faszinierende Geschichte, die von menschlichen Urängsten erzählt. Du kommst in eine Situation, die du nicht mehr in der Hand hast. Mächtige Wellen brechen über dir zusammen. Ängste und Verzweiflung nehmen dir die Luft.

Was wir als Kinder bei unseren Tauchübungen spielerisch simuliert haben, kann im Leben bitterer Ernst werden. Eine Krankheit, die dich wie eine schwere Woge überwältigt. Eine Pleitewelle, die dich mitzureißen droht. Eine tiefe Angst, die dir den Atem nimmt.

Das Dankgebet des Jona nach seiner Rettung zeigt, in welchen Ängsten er sich befunden hat: „Ich schrie aus dem Rachen des Todes, und du hörtest meine Stimme. Wasser umgaben mich bis an die Kehle. Aber du hast mein Leben aus dem Verderben geführt, Herr, mein Gott!“

Jonas Gebet ist das Gebet von einem, dem das Wasser bis zum Hals gestanden hat. Mittendrin in seiner Verlorenheit hatte er die Erfahrung gemacht, da ist einer, den kannst du ansprechen. Der lässt dich nicht im Stich. Nicht im aufgewühlten Meer. Und nicht im Bauch des Fisches.

Im Gebet des Jona spiegelt sich beides: der Schrecken und die Erlösung davon. Vor allem aber, wie unglaublich schön es ist, endlich wieder frei durchatmen zu können.

„Hilfe ist bei dem Herrn“, heißt es am Ende seines Gebets. Uns allen wünsche ich, worin auch immer unsere Not besteht oder bestanden hat, dass wir schließlich wieder auftauchen. Das große Glück, wieder frei und ohne Angst durchatmen zu können!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31094
weiterlesen...