SWR3 Gedanken

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10JUN2020
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Auf allen Vieren kriechen, wie ein Fuchs, essen, was ein Fuchs isst und schlafen, wo ein Fuchs schläft. Der Engländer Charles Foster hat das ausprobiert – monatelang. Foster ist Tierarzt und er wollte rausfinden, wie es ist ein Tier zu sein. Was fühlt er als Fuchs und schafft er es, dass er nicht mehr ständig nachdenkt wie es typisch für Menschen ist? 

Ein krasses Experiment, finde ich. Ich könnte das nicht. Der Forscher Charles Foster gibt zu: „Ich habe es auch nicht geschafft. Ich habe mich wochenlang wie ein Fuchs verhalten, aber ich habe dabei immer wieder nachgedacht. Das konnte ich nie ganz ausschalten. Meine Mensch-Perspektive ist geblieben.“ 

Ich bin heilfroh, dass ich so ein Experiment nicht machen muss. Aber die Sache mit der anderen Perspektive, die reizt mich. Das will ich können: meinen Blickwinkel mal wechseln und die eigene Denk-Maschine anhalten oder zumindest runterfahren. Zum Beispiel dann, wenn ich in einen Streit mit einem Kollegen geraten bin. Dann kann es sein, dass in meinem Kopf nur noch das Platz hat, was ich meinem Kollegen vorwerfe. Ich denke dann eigentlich immer das Gleiche: wie stur er ist, oder wie unmöglich er reagiert hat. 

Genau dann kann ich versuchen, dass ich die Sache mal aus einem ganz anderen Blickwinkel sehe. Ich stelle mir vor, ich bin mein Kollege. Wie sehe ich dann die Sache? Was fühle ich? Und was denke ich als mein Kollege über „mich“, die Ruth Schneeberger? 

Sich in einen Fuchs reinfühlen, das geht nicht. Aber sich in einen anderen Menschen reinfühlen und die eigenen Gedanken mal hinten anstellen, das ist zu schaffen.

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