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SWR4 Sonntagsgedanken

Gebannt haben viele erst auf den Schornstein und dann auf den Balkon geschaut. Endlich dann die erlösende Nachricht: der neue Papst ist gewählt. Sein erster öffentlicher Auftritt: bescheiden, unsicher, sich zurücknehmend, sehr menschlich. Manche der vertrauten Insignien hat er von vorneherein nicht umgehängt und sein Name Franziskus schein Programm zu sein. Er verweist und erinnert an jenen großen Heiligen, der aus allem Pomp und Reichtum ausgestiegen war und ein armes Leben an der Seite der Armen geführt hat. Man darf gespannt sein, was diese Namenswahl noch alles in Bewegung bringt. In einem der vielen Kommentare der vergangenen Tage wurde gesagt, der neue Papst habe die Perspektive eines Schuhputzers, er sehe die Welt von unten nach oben.

Vielleicht ist es gerade dieser Blickwechsel, der  heute in der Kirche und darüber hinaus so Not  tut. Einfacher und eingeübter ist sicher der Blick von oben nach unten. Die da oben - die da. unten. Es gibt die Gewinner und die Verlierer, die Schere zwischen den Armen  und den Wohlhabenden geht immer weiter auseinander und es gibt einen unbarmherzigen Kampf auf den Karriereleitern nach oben. Übel sind die dran, die schlechtere Starbedingungen haben oder eben nicht das nötige Geld, um sich behaupten zu können. Und zurückbleiben immer die Schwächeren, die zuletzt dann von oben mitleidig und gönnerhaft abgespeist werden.

Der neue Papst ist einerseits ganz oben und doch sieht er die Welt von unten. Kein Wunder ,dass er die Menschen erreicht und berührt. Nicht umsonst nannte man ihn in seiner Heimat den Kardinal der Armen. Er verzichtet auf die Aura des Unberührbaren und pflegt einen Lebensstil, der einfach und gastfreundlich zugleich ist. Ein Papst zum Anfassen, auch wenn das den Sicherheitsbeamten den Schweiß auf die Stirn treibt. Ein Papst, der an der Tür steht und die Gottesdienstbesucher eigenhändig verabschiedet und der den kostbaren Hermelinumhang im Schrank lässt oder vielleicht sogar ins Museum bringt. Es gibt viele Anzeichen dafür, dass er gewillt ist, einen neuen Stil zu pflegen und damit der Kirche wichtige und notwendige Impulse zu geben. Ich  hoffe, dass er durchhält. Dass seine unkomplizierte und warmherzige Ausstrahlung nicht in den langen Gängen des Vatikans auf der Strecke bleibt. Ich hoffe, dass er die schwarzen Schuhe seiner Herkunft anbehält  und er trotz Hierarchie und  Zeremoniell auf dem Boden bleibt und die Welt weiterhin von unten nach oben sieht. Das wäre ein Neubeginn, der hoffen lässt. Dann gäbe es einen weiteren Anwalt, der die Würde und das Recht jedes einzelnen  verteidigt, besonders wenn dieser ganz unten ist.

 

Heute ist Palmsonntag. Wir denken an den Einzug Jesu in Jerusalem und wiederum könnte man sagen, hier kommt einer, der die Welt von unten nach oben sieht Nach dem übereinstimmenden Bericht aller vier Evangelien benutzt Jesus beim feierlichen Einzug in Jerusalem als Reittier einen Esel. Im Unterschied zu den Triumphzügen der Großen seiner Zeit zeigt er sich ohne Beute und Machtdemonstration, er kommt eher als Pilger und nimmt allen, die ihn erwarten, Angst und Schrecken

Auch das ist ein bewegender und entscheidender Blickwechsel. Er kommt ohne die Symbole der Macht und Stärke, und sitzt statt auf dem hohen Ross auf einem grauen Esel. Und diese Erniedrigung, dieser Verzicht auf herrschaftliches  Gehabe wird sich fortsetzen: eine Dornenkrone statt einem goldenen Diadem, ein Leinenrock statt einem Purpurmantel und schließlich das Kreuz statt einem edlen Thron.

Die anfängliche Begeisterung der Menge kippt sehr schnell, als deutlich wird, dass dieser König nicht in ihre Erwartungen und Vorstellungen passt. Sie mögen die Art und Weise dieses bescheidenen Einzugs als sehr volkstümlich und Menschen nah empfunden haben, .Als sie aber bemerkten, dass dahinter eine Provokation und ein Anspruch liegt, wollen ihn besonders die religiösen und weltlichen Anführer aus dem Weg schaffen. Denn sie wittern die Gefahr, die von diesem gewaltlosen König ausgeht. Er bedroht weder Leib noch Leben, er bedroht ihre Herrschaft und all ihre Privilegien mit denen sie ihre Macht zum eigenen Vorteil einsetzen. Den Menschen Wasser predigen und selber den Wein trinken-und dafür dann auch noch den Namen Gottes zu missbrauchen-das prangert Jesus schonungslos an und treibt damit den Konflikt auf die Spitze.

Der Einzug nach Jerusalem ist eines der vielen Zeichen dafür, dass Jesus herabsteigt und sich auf Augenhöhe mit dem Menschen begibt. Wie in einem Brennglas bündeln sich in diesem Augenblick seine Worte und die vielen Begegnungen, die von ihm erzählt werden. Er kommt nicht um zu herrschen und den Menschen ihre Freiheit zu nehmen, er kommt weil er als überzeugender Mensch eine befreiende Botschaft verkörpert. Es ist die Botschaft von einem Gott, der nicht oben bleiben will und auf die Menschen mitleidig herabschaut. Jesus zeigt einen Gott, der vielmehr herabsteigt und ganz nach unten geht.

Für mich bleibt es unvergesslich, wie ich einmal mit einer Gruppe von Pilgern den Einzugsweg Jesu  in Jerusalem nachgehen durfte. Man kommt von oben, vom Ölberg und muss ganz ins Tal hinunter und dann erst schafft man die Wende, den Aufstieg und den Eintritt in die Heilige Stadt. Damals ist mir klar geworden, warum Jesus diesen Weg genommen hat. Es geht um die, die ganz unten sind. Sie sollen wissen, dass sie nicht allein sind, sie sollen erfahren, dass man sie nicht abgeschrieben  und vergessen hat, sie sollen sich aufrichten und hoffen dürfen, dass die Heilige Stadt auch für sie, gerade für, sie offen und zugänglich ist.

Auch unser neuer Papst feiert heute den Palmsonntag und erinnert an die heilsame Provokation mit dem Esel. Bleibt zu hoffen, dass er dem begonnenen Weg treu bleiben kann und möglichst viele mit ihm lernen, die Welt von unten nach oben zu sehen..

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SWR4 Sonntagsgedanken

Seit kurzem ist in einer Seitenkapelle der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche eine beeindruckende Ausstellung zu sehen. Ein Ausstellung die sich mit einem schwierigen und oft verdrängten Thema befasst, nämlich mit der letzten Reise, die wir alle unterschiedslos einmal antreten werden. Es geht um das Sterben und den Tod.
Kofferpacken für die letzte Reise - was würden sie einpacken und mitnehmen, was wäre ihnen ganz wichtig-so lautete die Frage, die unterschiedlichen Menschen vorgelegt wurde-vom Schüler bis zum Professor, vom Maler bis zum Metzger. Es sind alle Altersgruppen vertreten, Männer wie Frauen-es betrifft alle und die Antworten sind nun eben in dieser Berliner Ausstellung zu sehen, kreativ und vielfältig, individuell und manches sehr eindringlich. So hat zum Beispiel der Berliner Erzbischof Kardinal Wolki nur einen Rosenkranz in seinen Koffer gelegt. "Ich habe nichts mit in die Welt gebracht „ sagt er "und nehme auch nichts mit hinaus außer meiner Hoffnung auf das ewige Leben."In einem anderen Koffer sind nur vier große weiße Zettel  abgelegt und darauf steht geschrieben" Danke, Entschuldigung, Ja , Nein" Der evangelische Bischof von Berlin hat Tagebücher in seinen Koffer gepackt. Sie sind über und über  mit seinem Leben beschrieben,  aber eines der Bücher ist leer, will sagen, die Geschichte ist noch nicht zu Ende, Fortsetzung folgt.
Die Idee mit dem Kofferpacken erinnert mich an die Bestattungspraxis unterschiedlichster Kulturen, die den Verstorbenen mit wertvollen Grabbeigaben gleichsam für seine letzte Reise ausgestattet haben. Wohlversorgt mit Essen oder Geld und Schmuck, um ja gut ans Ziel der Reisegelangen zu können, wurde der Tote bestattet. Findet man heute bei archäologischen Ausgrabungen solche Beigaben, kommt man aus dem Stauen nicht mehr heraus. Man entdeckt nicht nur die über den Tod hinaus reichende  Fürsorge sondern auch wie sehr die Menschen auf eine gute Reise und eine glückliche Ankunft gehofft haben. Notfalls eben mit einer einträglichen Mitgift der Hinterbliebenen.
Die Kofferausstellung in der Gedächtniskirche macht nachdenklich. Sie konfrontiert mit der todsicheren Wahrheit meines Lebens, dass ich diese letzte Reise noch vor mir habe. Sie lenkt meinen Blick auf das Ende-nicht um zu drohen oder mir gar die Freude am Leben zu vermiesen, im Gegenteil sie gibt mir die Chance, mich ganz bewusst mit diesem Ende zu befassen und angesichts des Todes das Leben auf keinen Fall zu vertagen.
Ich weiß nicht ob in der Berliner Ausstellung auch ein leergebliebener Koffer dabei ist. Für mich wäre das mehr als stimmig, weil ich am Ende doch nichts mitnehmen kann. Ich denke an meine Mutter, die oft genug betonte, dass das letzte Hemd keine Taschen habe. So gesehen ist der Tod ein gewaltiger Gleichmacher, wenn er auftritt, werden alle Unterschiede hinfällig und überflüssig, dann gibt es nicht mehr die da oben und die da unten und die Reichen und Schönen sind genauso leer und so nackt wie die anderen. Im Tod können wir nichts mitnehmen und aus der Sicht des christlichen Glaubens brauchen wir auch nichts weil  wir dann alles haben und mit all unseren Wünschen und Träumen am Ziel sind.
Was dürfen wir in diesem alles entscheidenden Augenblick, wenn unser Leben zu Ende geht, hoffen und erwarten-es gibt auf diese Frage wahrscheinlich so viele Antworten wie es Menschen gibt. Wenn es um die letzen Dinge geht und die letzte Reise ansteht können wir uns von niemandem vertreten lassen, da gibt jeder seine ganz eigene und persönliche Antwort.
Befrage ich die Bibel-dann erfahre ich nichts über den schwierigen Weg des Sterbens oder über eine exakte Definition des Todes-mir begegnen jedoch eine Menge hoffnungsvoller Bilder, die etwas über das Ziel der Lebensreise sagen wollen. So unterschiedlich sie sind, sie stimmen darin überein, dass wir im Sterben nicht nur fallen sondern von verlässlichen Händen gehalten und getragen werden. Sterben führt in biblischer Hoffnung nicht nur an ein unüberwindbares Ende, Sterben führt hinüber oder hinein in die Begegnung mit Gott. In die Begegnung mit dem, der alles geschaffen hat und dem zu zutrauen ist, dass er alles Unfertige und Heillose zu einem guten Ende bringt.
In einem Gedicht von Heinz Piontek wird diese Hoffnung vorsichtig und behutsam ausgedrückt-vielleicht pack ich es in meinen Koffer für die letzte Reise: Da heißt es unter anderem:...Noch über letzte Lichter hinaus wird es gehen Aufhalten darf uns niemand und nichts! Da wird sein unser Mund voll Lachens-Die Seele reiseklar-Das All nur eine schmale Tür, angelweit offen.

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SWR4 Sonntagsgedanken

Unvergesslich bleibt mir eine Begegnung im Nachtzug nach La Coruna im Norden Spaniens. Mein Gegenüber, ein spanischer Lehrer und ich waren  auf der langen Fahrt  nach längerem Schweigen miteinander ins Gespräch gekommen. Und nach ersten, eher oberflächlichen  Allerweltthemen kamen wir ganz schnell zur Sache. Mein Gesprächspartner stellte mir die berühmte Gretchenfrage: wie hältst du es mit der Religion, und fügte dann seinerseits sofort hin zu, dass er nicht an Gott glauben könne. Und dafür gäbe es genügend Gründe, der wichtigste für ihn sei die Unglaubwürdigkeit  vieler Gläubigen. Die Bilder der  vergangenen Tage haben mich an dieses Gespräch erinnert. Im Namen Gottes werden Bibeln verbrannt, im Namen Gottes wird der Prophet Mohamed verspottet, im Namen Gottes werden Menschen aus ihrem Land vertrieben, im Namen Gottes werden Andersgläubige verurteilt. Keine der sogenannten abrahamitischen Religionen, die alle an einen Gott glauben und sich auf den Stammvater Abraham zuführen, weder das Judentum, noch der Islam, noch das Christentum sind  dagegen gefeit  dass fundamentalistische Gruppierungen ihre Ziele mit  Gewalt und mit Verteufelung der anders Denkenden durchzusetzen. Beispiele dafür gibt es leider genügend. Natürlich darf man nicht verallgemeinern, aber oft sind es eben kleine Minderheiten, die eine verheerende Wirkung haben und durch ihren Fanatismus menschliches Leben zerstören und das Ansehen der Religionen ruinieren. Wer im Namen Gottes oder Allahs  wie ein Brandstifter Feuer legt und Hass und Gewalt predigt, der entzieht einem friedlichen Miteinander jede Grundlage und verkehrt die Religion genau in ihr Gegenteil.
Religion muss dem Frieden und der Gerechtigkeit dienen, Was wäre das für ein Fortschritt, wenn sich alle auf die eine Regel verständigen könnten, die ja nicht ohne Grund die goldene genannt wird: was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem anderen zu. Das hört sich wie kühne Berechnung an, ist aber viel mehr. Es ist die nötige Selbstachtung und die Achtung vor jedem anderen.  
Wie hältst du es mit der Religion-es ist mir schnell klar geworden, das mein Gesprächspartner sich nicht so sehr durch Argumente als vielmehr durch überzeugende Beispiele beeindrucken lässt. Egal von welcher Glaubensrichtung, er forderte von allen für ein menschliches und vernünftiges Miteinander zwei grundlegende Voraussetzungen: Demut und Respekt. Demut! jetzt werden manche vielleicht die Stirn runzeln und denken, mein Gott wie altmodisch und weltfremd. Nein Demut ist nicht das gekrümmte Rückgrat oder das eingeschüchterte Selbstvertrauen, ist eben nicht das sich ständig kleinmachen und zurücksetzen, ist auch nicht die dienstbeflissene Unterwürfigkeit, Demut ist vielmehr der aufrechte Gang und das ehrliche Wissen um die eigene Wahrheit und ist ebenso die Bereitschaft, sich über die eigenen Bedürfnisse hinaus für andere stark zu machen. Demut ist eine starke Haltung, die auch die Schwäche benennen kann  und bewahrt vor jeglicher Überheblichkeit, weil sowohl die eigene wie die Grenze des anderen respektiert wird.
Demut und Respekt bedingen und ermöglichen sich gegenseitig. Sie führen zu einem achtsamen und ehrlichen Umgang, sie gewähren die Freiheit des Denkens und Glaubens und sie bewahren vor einem allzu leichtgängigen Individualismus, der oft nur die eigenen Bedürfnisse und Wünsche im Blick hat. So sind diese beiden Haltungen wie zwei Schlüssel zu einem großen bewohnbaren Raum, in dem sich Menschen unterschiedlichster Couleur wirklich als ebenbürtige Partner begegnen lernen. Die Religionen müssen gegen alle rassistischen und nationalistischen Umtriebe, gegen alle Provokationen zu Gewalt und Terror diesen Raum offen halten und ihrerseits dazu beitragen, dass die Würde jedes Menschen gewahrt und geschützt bleibt.
Demut und Respekt lassen sich nicht verordnen sondern nur lernen. Darum bleibt zu hoffen, dass dieser unsägliche Schmähfilm gegen den Propheten Mohamed auf allen Seiten und bei allen Glaubenden und Nichtglaubenden einen echten Lernprozess in Gang setzt.

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SWR4 Sonntagsgedanken

Seit den Tagen vor Ostern liegen in unserer Kirche eine Menge  Steine. Nicht wahllos hingeworfen sondern ganz bewusst vorne beim Kreuz abgelegt. Jugendliche hatten sich zur Vorbereitung auf Ostern mit ihrem Leben auseinandergesetzt und waren der Frage nachgegangen was sie in letzter Zeit verletzt und gekränkt hätte, ebenso aber auch der Frage wo sie ihrerseits jemand anderen verletzt oder gekränkt hätten. Als Hilfe für diese Reflexion sollten sie sich  vor der Kirche einen Stein suchen.
So  wurden dann ganz unterschiedliche Steine zu sprechenden Symbolen, die unzählige Geschichten erzählen könnten. Nicht nur die alltägliche Verletzungsgeschichte der Rechthaberei und  des Missverständnisses, der Ablehnung oder der Beschämung, des ständig zurückgesetzt Werdens oder der heimlichen Angst, eben doch keine Chance zu haben, für mich erzählen die Steine noch viel mehr. Viele von ihnen wurden bemalt oder beschrieben, wobei die Farbe Rot und das Wort Liebe nicht zu übersehen sind. Aber auch „Sorry!"ist auf einem  zu lesen und auf einem anderen steht groß das Wort „Hoffnung". „Neu anfangen" „Vernunft", „Kraft"-die jungen Menschen haben ihre Wünsche, ihre Sehnsüchte, ihre Hoffnungen ebenso in den jeweiligen Stein gepackt wie all das, was sie drückt und belastet. Und im anschließenden Gespräch war die Not unüberhörbar, dass sie oft niemand haben mit dem sie genau darüber offen reden könnten. Es braucht Zeit und einen verständnisvollen Menschen der nicht bloß nörgelt oder moralisiert, es braucht Verständnis und ehrliches Interesse, das den anderen aber nicht vereinnahmen will, es braucht manchmal viel Geduld und Nachsicht und ganz besonders braucht es Barmherzigkeit.  Vielleicht klingt dieses Wort abgegriffen und altmodisch. Die Sache um die es geht ist modern und aktueller denn je. Barmherzigkeit ist mehr als mitleidvolles Gefühl, es ist eine wesentliche Grundhaltung, die einem anderen Menschen immer wieder Raum gibt, dass er sich aufrichten, entwickeln und entfalten kann. Barmherzigkeit glättet und entschuldigt nicht alles, sie verharmlost weder das Leid noch die Schuld, sie legt aber auch niemand darauf fest, im Gegenteil sie öffnet immer wieder die Tür für den Neuanfang. In biblischer Sprache ist damit der Mutterschoß gemeint, also genau der Ort wo ein Mensch zum Leben kommen, heranwachsen und groß werden darf. Nicht umsonst hat der französische Schriftsteller Albert Camus es einmal so formuliert: die wenigen Prinzipien deines Lebens spar sie dir auf für die Momente, wo du sie wirklich brauchst, für den Rest genügt ein wenig Barmherzigkeit. 
Für den Rest genügt ein wenig Barmherzigkeit-diese Lektion wird in der Bibel einigen Männern erteilt, die dem Gesetz entsprechend eine Frau steinigen wollten. Der Fall ist klar. Ehebruch, auf frischer Tat ertappt. Das Gesetz sagt unmissverständlich was zu tun ist. Und  so haben die Ankläger mit den Steinen in ihrer Hand das Gesetz auf ihrer Seite. Keine Frage! Und die Frau? Ertappt, angeklagt, schuldiggesprochen, so wird sie in die Mitte gestellt! Und auch jetzt noch als Fall missbraucht. Sie wollen Jesus nämlich eine Falle stellen. Den Saubermännern geht es gar nicht ums Gesetz. Sie wollen ihn hereinlegen und ihn zu einer falschen Antwort verlocken. Aber Jesus schweigt und schreibt in den Sand. Und dann seine Antwort:"wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie" Und das sitzt! Die Ankläger lassen beschämt ihre Steine liegen und gehen nach Hause. Und zurück bleiben nur die zwei: Jesus und die Ehebrecherin. Und statt Steine zu werfen, beginnt Jesus mit ihr ein Gespräch, denn zunächst sprachen nur die Kläger, wortreichund scheinheilig zugleich, jetzt soll die Frau sprechen. Für ihn ist sie nicht nur ein Fall und anderen sondern eine Person mit einer eigenen, wenngleich auch schuldhaften und brüchigen Geschichte, aber eben auch mit einer Würde und mit dem urmenschlichen Recht zu sprechen und zu antworten. Was die Frau getan hat, wird nicht entschuldigt oder wegdiskutiert. Aber Jesus verurteilt sie nicht und entlässt sie mit der Zumutung, ein neues Leben zu beginnen. Ohne Vorbedingungen schenkt er ihr die Vergebung. Die Barmherzigkeit wird zur neuen Lebensgrundlage und gibt einem schuldig gewordenen Menschen eine zweite Chance. Es ist schon viel darüber gerätselt worden, was Jesus wohl vor den Männern in den Sand gekritzelt hat. Wir wissen es nicht, es ist nirgendwo überliefert und festgehalten. Vieleicht auch gut so. Er selber mit seinem Verhalten, mit seiner Gelassenheit und seinem Einfühlungsvermögen, mit seinem ehrlichen Interesse am Einzelnen und seinem Schicksal, er selber mit seiner großen Barmherzigkeit ist Programm genug. Er konfrontiert uns mit den eigenen Brüchen und Abgründen, er lässt uns erkennen wie unsere Urteile manchmal gnadenlos und unbarmherzig sind und sagt dann doch zu jedem:"auch ich verurteile dich nicht" .Die Frau konnte aufgerichtet nach Hause gehen und erfahren, dass ihr  eine neue Freiheit und eine neue Verantwortung geschenkt ist. Unter den barmherzigen Augen kann sie umkehren und das Leben neu riskieren.

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SWR4 Sonntagsgedanken

Teil 1

Gemunkelt wird von einem Preis knapp unter 60 Millionen, für den eine hessische Adelsfamilie die „Schutzmantelmadonna „von Hans Holbein, einem begnadeten Maler aus dem 16.Jahrhundert,verkauft hat. Ein phantastisches Bild einer Madonna, die ihren weiten Mantel über die Menschen ausbreitet und eine herrliche Ruhe und Gelassenheit ausstrahlt. Es ist eines der wichtigsten Kulturgüter unseres Landes und sicher das teuerste Bild, das je in Deutschland gekauft wurde.
Eine Zeitung titelte deswegen:"Himmlische Summen" und meinte damit keineswegs den Inhalt des Bildes, sondern seinen Preis. Himmlisch heißt in diesem Zusammenhang, man kann es in jedem Wörterbuch nachschlagen, gigantisch, großartig, unermesslich, überwältigend, mit normalen Maßstäben nicht zu fassen. Ein Preis ,der unsere Vorstellungskraft bei weitem übersteigt und jeden Rahmen sprengt.
Himmlisch heißt aber auch-so mein Wörterbuch-ausgezeichnet, hervorragend, genial, exzellent, außergewöhnlich, phantastisch-all diese Beschreibungen passen natürlich auch. Kunstkenner bewundern die einzigartige Komposition und Pinselführung, sind hin und weg, wie Holbein ganz natürlich und detailgenau die Gesichter der dargestellten Personen getroffen hat und finden es einfach nur himmlisch, mit welcher Einfühlung und Sensibilität der Maler vorgegangen ist.
Und himmlisch ist das Bild, sagen andere Betrachter, weil es den Himmel sichtbar macht, nicht äußerlich und formal, nicht durch die angedeuteten Räume und Orte sondern mehr durch die Ausstrahlung, die dieses Bild vermittelt. Es kann passieren, dass man auf Augenhöhe vor dem Bild steht und es genau anschaut, sich wirklich in das Bild vertieft und so ergriffen wird, dass einem das Herz aufgeht. Dann spürt man wie viel Trost, wie viel Hoffnung, wie viel Beheimatung von dem Gemälde ausgeht. Es bleibt ein Bild der Verkündigung, auch wenn es in einer zum Museum umgewidmeten Kirche hängt, es hat seine Botschaft, auch wenn die Leiterin der Ausstellung meint, "wir behandeln das Werk museal als Kunstwerk, nicht als Andachtsbild".

Teil 2

Faszinierend bei Holbeins Schutzmantelmadonna legt sich der Mantel ganz leicht auf die Zuflucht suchende Gestalt dessen, der dieses Bild in Auftrag gegeben hatte. Der Schutz von oben ist leicht und behutsam, er erdrückt nicht, engt nicht ein und lässt denen, die darunter sind ihre Freiheit und ihre Würde.
Ich weiß, es gibt leider zu viele, die Religion ganz anders erlebt haben. Eben nicht als diese sensible und behutsame Zuwendung von oben, als treue verlässliche Rückendeckung, als ermutigender Spielraum für eigene Wege und Erfahrungen. Im Gegenteil. Manch einer verbindet mit Religion Druck und Unfreiheit, Angst und Kontrolle, sogar Gewalt und Missbrauch. Wie viel e, die keinen schützenden Mantel, keine sichere Zuflucht, keine segnende Hand erleben durften und die von vermeintlich frommen Menschen eher verkrümmt und weniger aufgerichtet wurden.
Holbein zeigt auf seinem Schutzmantelbild wie sich das kleine Kind auf den Armen der Madonna ganz an die Mutter schmiegt, liebevoll, zärtlich, mit einem großen Vertrauen. Schaut man dann auf den erwachsenen Jesus, wie ihn die Evangelien darstellen, scheint sich dieser Grundzug seiner Persönlichkeit durchgehalten und noch mehr ausgeprägt zu haben. Jesus wendet sich mit großer Aufmerksamkeit und Empathie den Menschen zu, er wird für sie im wahrsten sind zum Heil-land, zu dem Ort, wo Menschen wieder heil und gesund werden, wo sie arglos und angstfrei ihr wahres Gesicht entdecken und zeigen können, wo die hungernde Seele wieder Ruhe und Frieden findet. Im besten Sinn breitet er über die Menschen einen Rettungsschirm, er stellt sie unter den großen Bogen der Verheißung und des Segens und steht für die Verlässlichkeit Gottes.
Er gibt den Menschen ein Obdach für ihre Seelen, eine Schutzzone, in der Druck sich selber behaupten zu müssen abfällt, wo keiner mehr sein und darstellen muss als er wirklich ist, eine Zuflucht, wo ein Bedrängter oder Gejagter befreit aufatmen kann. Jesus steht für eine Religion, die aufrichtet statt zu verkrümmen, die Vertrauen stiftet statt zu verängstigen, die Gott groß sein lässt und den Menschen auch, ohne dass er an Gottes Stelle treten muss. Nicht umsonst verdichtet sich sein Wirken in der großartigen-ich sage jetzt bewusst-himmlischen Einladung: kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch Ruhe verschaffen.
Keine Frage, man kann Holbeins Schutzmantelmadonna oder andere Bilder mit religiösem Inhalt museal als Kunstwerk behandeln, aber eben auch als Andachtsbilder, die ganz menschlich und eben auch himmlisch ihre Botschaft verkünden.

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SWR4 Sonntagsgedanken

Wir alle sterben und doch ist einer der dieses Fallen in seinen Händen hält.
Nach einem schweren Unfall, bei dem ein Jugendlicher tödlich verletzt wurde errichteten Freunde und Mitschüler des Verstorbene an der Unglücksstelle einen Gedenkstein, den sie in einer kleinen Feier einweihen wollten. Bei diesem Anlass las einer der Jugendlichen einen Text, den ich nicht mehr vergessen werde. Es ging darin um ein Gespräch mit dem Leiter einer Hochseilartistengruppe, die in einem Zirkus zu bewundern war. Gefragt was denn bei seinen Kunststücken das wichtigste wäre, erklärte der erfahrene Trapezkünstler:
„Als ein Springer muss ich vollkommenes Vertrauen in meinen Fänger haben. Er ist der eigentliche Star. Er muss für mich da sein mit der Präzision eines Bruchteils einer Sekunde und mich aus der Luft heraus packen." Das  Geheimnis besteht darin, dass der Springer nichts tut und der Fänger alles tut. Der Springer muss sich fallen lassen-mit ausgestreckten Armen und darauf vertrauen, dass ein Fänger da sein wird für ihn. Ein starkes Bild für Vertrauen-ohne Berechnung, ohne irgendwelche Absicherung, ohne Garantie, ein gewagtes Unterfangen, bei dem man nichts mehr in den Händen hat. Ich denke, das geht nur, wenn zwischen den beiden die Chemie stimmt. Sie müssen sich gut kennen, sie brauchen Erfahrung und Können, gewiss brauchen sie auch Mut und die Gewissheit, dass sie sich aufeinander verlassen können. Jede ängstliche Verkrampfung, jedes angestrengte Zielen auf die fangenden Hände, jede Form des Selber Machen Wollens könnte zum Scheitern führen. Springen und sich dabei im wahrsten Sinn des Wortes verlassen, ist das Geheimnis dieser faszinierenden Kunst. Dass die Jugendlichen diese Geschichte ausgesucht hatten ist gut nach zu vollziehen. Dort wo unsere menschlichen Hände nichts mehr ausrichten und retten können, brauchen wir die starken Hände eines anderen. Damit wir nicht ins Leere und ins Nichts fallen, brauchen wir die Hände Gottes. Im Grunde geht es um eine tiefe menschliche Erfahrung, die einer der Propheten der Bibel einmal so beschrieben hat: „Siehe ich habe deinen Namen in meine Hand geschrieben, ich habe dich immer vor Augen." (Jes 49,16)
Etwas in die Hand schreiben heißt: ich darf das ja nicht vergessen! So schreibt Gott die Namen der Menschen in seine Hand, damit sie für immer aufgehoben sind. Keiner ist bei ihm namenlos, bedeutungslos, einfach nur eine Nummer oder ein unbedeutendes Rädchen in einer anonymen Maschinerie. Wir sind in seine Hand eingeschrieben, mehr noch in sein Herz, das so weit ist daß darin alle einen Platz finden. Jedes Leben, jede Geschichte, krumm oder gerade, erfolgreich oder gescheitert. Mit diesem Gedanken aus der Bibel gehe ich über unseren Friedhof und lese die vielen Namen der Verstorbenen. Werden sie vergessen-dann sterben sie noch einmal, sagt eine jüdische Weisheit,  und betont, dass  dagegen die Erinnerung uns der Erlösung ein Stück näher bringt. Die Namen unserer Toten sind wie stumme Zeugen. Sie erinnern uns, dass wir selbst unsere Grenzen haben und sterblich sind, auch wenn es gar nicht einfach ist, sich das immer wieder sagen zu lassen. Sie  zeigen uns, dass wir immer in den Schuhen derer gehen, die uns voraus sind. Wir haben uns nicht selber geschaffen und ins Leben gerufen, wir sind schon gar nicht der Nabel, der Mittelpunkt, um den sich alles drehen müsste, wir sind nie nur die Macher und Alles Könner. Wir haben Vorfahren, denen wir unser Leben, unseren Glauben, unsere Kultur mit verdanken, aber auch das andere, wenn sie uns Leidvolles und Heilloses vererbt haben. Die Namen sind voller Geschichten und zeigen uns, dass wir selber sterblich und vergänglich sind. Darum ist jeder Gang über den Friedhof wie eine kleine Schule der Demut. Friedhofskultur ist Erinnerungskultur. Hier werden Tote nicht einfach entsorgt und beseitigt, hier behalten alle ihren Namen und ihre Würde. Hier hat man einen Ort für den Abschied und die Trauer, hier treffen sich zu bestimmten Anlässen die Familien oder Freundeskreise, hier werden öffentliche Gedenkfeiern begangen, hier im Umgang mit den Toten zeigt sich wie menschlich eine Gesellschaft ist .Gerade in diesen Tagen erleben wir wie wichtig diese Orte für und Lebende sind. Im Grunde sind es Orte der Verkündigung. Nirgends wird deutlicher, was unumstößlich für alle gilt: mitten im Leben sind wir vom Tod umgeben. Aber ebenso sind die Hoffnungszeichen auf unseren Friedhöfen nicht zu übersehen. Wie viele Symbole des christlichen Glaubens und wie viel Worte und Zitate, die voller Zuversicht sind! Mitten im Tod sind wir vom Leben umgegeben! So wird gerade auf jedem Friedhof in vielfältigster Weise das zentrale christliche Bekenntnis lebendig. Wir glauben an die Auferstehung der Toten, wir glauben an ein Leben in Gott, wir glauben, dass er uns, unseren Namen nie und nimmer vergisst. 

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SWR4 Sonntagsgedanken

Aus dem Zuhören erwächst uns Menschen das Zusammengehören

Es war nicht das erste Mal. Vor einiger Zeit machte in den Medien eine erschreckende Nachricht die Runde. Wieder einmal kam es zu gewalttätigen  Auseinandersetzungen innerhalb der Grabeskirche  in Jerusalem, also an dem Ort, wo die Christen sich an das zentrale Geschehen ihres Glaubens erinnern. Wo Tod und Auferstehung Jesu gefeiert wird, dort fallen Glaubensbrüder übereinander her, weil sie sich in ihren angestammten Rechten benachteiligt fühlen. Grotesk! Christen brauchen die israelische Polizei, um eine Ordnung wieder herzustellen, die überzogener Eifer und rechthaberische Eigensinnigkeit durch einander gebracht haben.
„Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen" - so heißt ein Dokumentarfilm, der dieses schwierige Miteinander  an der heiligen Stätte beschreibt: die Wohngemeinschaft verschiedener christlicher Konfessionen hat es nicht leicht, jeder behauptet seinen Platz, manchmal finden fast gleichzeitig  Gottesdienste in den verschiedenen Liturgien statt, so dass dann die katholische Orgel den Gesang der orthodoxen Mönche übertönt oder eine armenische Prozession durch den Bezirk der koptischen Christen zieht. Der Film zeichnet kommentarlos die schwierige Realität und bringt Vertreter der verschiedenen Konfessionen zur Sprache, deren Äußerungen aber eher auf Abgrenzung zielen als auf ein versöhnliches Miteinander.
Nur nachts, wenn auch die Touristenmassen wieder weg sind, scheint Ruhe einzukehren. Erst dann hat man das Gefühl  an einem Ort des Gebetes und des Friedens zu sein, geschützt von uralten Mauern und mitgetragen von der frommen Sehnsucht, die mitunter so kleinlich und so unbarmherzig sein kann.
In einer Beschreibung dieses aufrüttelnden Films heißt es, man wünschte sich eine weitere Szene, die aber leider nicht vorkommt. Eine Szene, die zeigt wie  die verschiedenen Mönche beim Essen beieinander sitzen und über eine neue Hausordnung ihrer Wohngemeinschaft beraten. Vielleicht braucht es noch eine Zeit bis aus dem ängstlichen Nebeneinader und den heißblütigen Temperamentsausbrüchen wirklich ein versöhntes Miteinander wird, geprägt von Rücksicht und Respekt. Denn dann klingt der Titel des Filmes nicht mehr ironisch und bitter sondern wirklich wie eine Verheißung: „Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen."
Es ist anspruchsvoll, wenn verschiedene Menschen, unterschiedliche Bekenntnisse, gegensätzliche Meinungen und Lebensentwürfe unter einem Dach leben wollen. Dass es dabei Spannungen und Konflikte gibt ist nichts außergewöhnliches, entscheidend ist nur, wie damit umgegangen und verfahren wird. Ob das Gegenüber zum Gegner und der Andere , der anders Denkende, der anders Glaubende, der anders Lebende zum Fremden und Feind wird hängt davon ab, ob und wie miteinander geredet wird. Aber vielleicht ist bei einem solchen Dialog das aller Wichtigste nicht das Reden sondern das Hören. Nicht umsonst haben wir Menschen zwei Ohren, aber nur einen Mund. Zuhören, hin hören, auch die Zwischen- und Untertöne hören sind wesentliche Grundhaltungen, ohne die unser Miteinander nicht gut gehen kann. Hören bedeutet immer sich selber ein Stück zurücknehmen, damit der Andere zu Wort kommen kann, sich selber zu relativieren, damit mein Gegenüber einen angemessenen Platz findet. Das Zuhören ist eine Form des Respektes vor der Erfahrung und der Geschichte meines Gesprächspartners und es ist gleichzeitig auch ein Ausdruck der Bescheidenheit und des Wissens darum, wie beschränkt und begrenzt man selber ist. Das wichtigste Gebot in der Bibel sei nicht die Gottes- oder Nächstenliebe habe ich erst kürzlich erfahren, das wichtigste Gebot sei: Höre! Mit diesem Aufruf richtet sich ein frommer Jude jeden Tag neu aus, öffnet er seine Ohren, sein Herz um dabei zu erfahren, wie sehr wir Menschen für das Gespräch und den Austausch, für die Begegnung und die Beziehung geschaffen sind, wie wenig der Monolog unserem Wesen entspricht und bei all dem zu erfahren, wie weit dieses Hören reichen kann. So weit dass darin sogar Gott zu Wort kommet. Höre! Jeder Dialog, jedes Gespräch, sei es zwischen zwei Menschen, zwischen verfeindeten Parteien oder zwischen den verschiedenen Religionen lebt von der Bereitschaft und der Fähigkeit auf einander zu hören und sich jeweils auch in den Gegensätzen und Unterschieden gelten zu lassen. Nur so wächst eine echte Zusammengehörigkeit und nur so ist es möglich, dass verschiedene unter einem Dach versöhnlich zusammenleben - sei es in Jerusalem oder sonst wo. Marin Buber, der jüdische Gelehrte, der ganz aus dieser Tradition des" Höre Israel" lebte, sagt nicht umsonst, echter Dialog besteht darin, sein Gegenüber groß werden zu lassen.

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SWR4 Sonntagsgedanken

Es  ist für mich eine der anstrengendsten aber auch intensivsten Etappen auf dem Weg nach Santiago de Compostela: der Weg durch die spanische Meseta. Weites flaches Land, kilometerlang gerade Strecken, zum Teil eine gnadenlose Hitze und weit und breit kein Baum, der Schatten spenden könnte. Die Bäume, die vor Jahren entlang dieses Weges gepflanzt wurden waren oft der Trockenheit des kargen Hochlandes nicht gewachsen. Es ist dann nicht nur der ganz elementare Durst, der einem auf diesem Wegabschnitt zu schaffen macht, mehr noch nagt die Versuchung, bei der nächsten Gelegenheit auszusteigen und mit dem Bus weiter zu fahren. Die Leere und Öde schreckt und selten habe ich mich auf dem Weg mehr ausgeleifert erlebt als gerade hier. Der Maler und Pfarrer Sieger Köder, selber ein begeisterter Jakobuspilger, hat diese karge und herausfordernde Landschaft in einem seiner Bilder meisterhaft festgehalten. Nur zwei Farben und zwei Flächen braucht er um diesen Weg zu charakterisieren: unten waagrecht braun und trocken die Erde und darüber blau und unendlich der Himmel und dann eine Senkrechte, die sich fern am Horizont mit dem Himmel verbindet, ein Weg, der keineswegs ins Leere läuft sondern ein Ziel hat.
Viele denken heute, gerade auch auf dem Jakobusweg, der Weg sei das Ziel, entscheidend sei das Gehen und Unterwegs-Sein, und alle damit verbundenen Erlebnisse und Begegnungen, es käme darauf an, gerade den Weg als Symbol menschlichen Lebens wieder zu entdecken und die Bewegung als Anfang jeglichen Fortschritts zu schätzen. Dem allem stimme ich gerne zu und halte dennnoch entgegen: nicht der Weg ist das Ziel sondern der Weg hat ein Ziel. Wer wäre nicht heilfroh, am Ende einer anstrengenden Etappe eine gastfreundliche Herberge zu finden, in der man abladen und sich regenerieren kann, wer  würde sich nicht unterwegs kleine Unterbrechungen und Pausen gönnen, um für den weiteren Weg neue Kraft zu sammeln, wer wäre nicht überglücklich, wenn er am Ende das Ziel erreicht und dankbar auf eine fantastische Zeit und einen faszinierenden Weg zurückblicken kann. Kleine und große Ziele sind notwendig, damit der Weg überschaubar bleibt, die Kräfte eingeteilt werden können und damit die Sehnsucht immer wieder lebendig wird, ohne die man vielleicht nie aufbrechen oder weiter gehen würde. Der Weg auf Sieger Köders Meseta Bild hat ein Ziel. Er führt durch eine staubtrockene und einsame Gegend und berührt ganz fern am Horizont den blauen Himmel. Woher der Weg kommt lässt der Maler offen aber wohin er führt ist für ihn klar: nicht in die Leere oder ein dunkles Loch sondern in die Weite und in die Offenheit des Himmels. Sieger Köders Bild vom Weg durch die Meseta ist nicht nur eine flüchtige Momentaufnahme. Es verdeutlicht ganz einfach und radikal eine der zentralsten biblischen Grundaussagen: der Weg hat ein Ziel. Ganz am Anfang ist es das Volk Israel das durch die bedrohliche Wüste den Weg in seine Freiheit suchen und gehen musste, und wieder ist es dieses Volk, das nach langer Gefangenschaft in sein Land heimkehren durfte, allerdings wiederum durch die Wüste. Die Wüste gehört zum Schicksal des Volkes Israel und ist immer der Ort, an dem der Glaube und die Zukunft des Volkes auf dem Spiel stand. Nirgend wo mehr als hier erlebte sich das Volk bedroht und verletzbar und nirgendwo mehr als gerade in dieser Schutzlosigkeit spürte Israel seinen Durst nach Gott. Und sie wollten ankommen, bei ihrem Gott ankommen und bei ihm daheim sein und darum bauten sie ihm in Jerusalem einen Tempel, dessen Überreste heute für die Juden immer noch die heilige Zuflucht ist, wohin sie ihre ganze Sehnsucht bringen. Es ist bewegend vor der sogenannten Klagemauer zu stehen, nicht nur weil man dann die unvorstellbaren Ausmaße des Tempels von damals erahnen kann, sondern weil man an diesem heiligen Ort spürt, wie viel menschliche Sehnsucht sich hier versammelt hat und bis heute versammelt - Juden, Muslime, Christen, Gott suchende und solche, die seine Existenz nicht anerkennen, Wallfahrer oder Touristen, Fromme oder Neugierige - man weiß es nicht. Aber schließlich haben alle Platz, wenigstens bei Gott, während die Menschen immer noch Sperren und Barrieren errichten. Bei allen Unterschieden, eines scheint die Menschen und die Religionen zu verbinden: die Sehnsucht. Man will bei Gott ankommen, sich bergen, sich beheimaten, man sucht eine Herberge für alle Wunden des Weges, ein Obdach für die Ängste der Seele, einen Ort, wo man daheim sein kann, eine Zuflucht und einen Halt, vielleicht das, was der Tübinger Philosoph Ernst Bloch einmal so umschrieben hat:  „Es entsteht in der Welt etwas, das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat."  Dass diese Heimat nicht mehr nur ortsgebunden sondern mehr eine Frage der Beziehung ist gehört zum Kern der biblischen Botschaft, die sich im Laufe der biblischen Geschichte und dann vor allem bei Jesus von Nazareth durchsetzt. Ziel des menschlichen Weges ist nicht ein bestimmter Ort sondern die Begegnung mit Gott, der sich auf keinen Ort und auf kein Land und auf keinen Kult beschränken lässt. Von ihm kommen wir, weil wir Menschen uns nicht selber geschaffen haben und zu ihm gehen wir, weil wir selber uns nicht erlösen können. Er ist der Anfang und er ist das Ziel. Jeder Pilgerweg - auch der innere Weg durch die Fastenzeit ist eine Chance, sich seines eigenen Weges zu vergewissern und dabei zu entdecken, dass wir nicht nur am Beginn oder am Ziel unseres Weges von Gott begleitet sind, sondern Schritt für Schritt unterwegs, bis dieser Weg dann einmal für immer den Himmel berührt.

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SWR4 Sonntagsgedanken

Mitten in der belebten Fußgängerzone einer historischen Altstadt  steht ein junger Mann auf einer leeren Obstkiste und hält in seinen Händen ein großes Plakat. "Ich bin eine Sehenswürdigkeit" ist da weithin zu lesen und viele gehen mit einem Schmunzeln vorbei und ihr Gesicht sagt alles: von wegen Sehenswürdigkeit! Aber das scheint den jungen Mann nicht zu beeindrucken. Gefragt, was denn der tiefere Sinn seiner Aktion sei, erklärt er ganz spontan: ich will nur auf eines aufmerksam machen. Da rennen alle wie aufgescheucht durch die Stadt, viele mit ihren Kameras um irgendwelche Sehenswürdigkeiten festhalten zu können - aber das Schönste sehen sie gar nicht mehr! Für ihn sei die eigentliche Sehenswürdigkeit der Mensch und zwar jeder - egal wie er aussieht.
Sehen und gesehen werden sind Urwünsche von uns, das steckt in jedem - selbst der unscheinbarste und unauffälligste trägt dies in sich: sehen und gesehen werden das betrifft ja längst nicht nur das Äußere, unser Erscheinungsbild. Es geht um viel mehr. Nicht wie jemand aussieht, sondern ob jemand  angesehen wird und wie er angesehen wird. Blicke können töten, das weiß nicht nur der Volksmund, das wissen alle, die es schon einmal erleben mussten, wie andere weggeschaut oder verächtlich auf einen herab geschaut haben, das wissen alle, die sich nicht wahrgenommen fühlen oder verkannt werden
Unsere Augen sagen alles. Sie sind wie Fenster, durch die unsere Gefühle und unsere Gedanken sichtbar werden, sie sagen oft mehr als unsere Worte. Aus ihnen spricht Wohlwollen und ehrliches Interesse, Anteilnahme und Zuneigung  genauso wie die Ablehnung oder ein unbarmherziges Urteil. Aber aus allen Augen spricht eben auch dieser große Wunsch nach Ansehen und Anerkennung, nach Wertschätzung und Sympathie. Ich denke, darauf wollte der junge Mann mit seinem Plakat aufmerksam machen. Der Mensch ist eine Sehenswürdigkeit, er ist es wirklich wert, gesehen und wahrgenommen, beachtet und respektiert zu werden, weil keiner ohne solches Ansehen leben möchte. Ein Ansehen, das eben weder von einem Schönheitsideal noch von Erfolg und Leistung abhängig ist.
Sehen und gesehen werden - es geht um mehr als ein wenig Kosmetik und schickes Outfit, so erstrebenswert das auch sein mag, zweifellos! Es geht um eine neue Aufmerksamkeit, um ein bewusstes Hinsehen und Wahrnehmen, um hinter dem Äußeren und hinter unseren aufgerichteten Fassaden zu entdecken, wie schön, wie wertvoll, wie kostbar jeder einzelne ist. Sehen und gesehen werden - dieses menschliche Urbedürfnis hat der begnadete ital. Maler Caravaggio in einem seiner Bilder festgehalten. Das Bild trägt den Titel: „Madonna der Pilger" und befindet sich in einer römischen Kirche. Ein Mann und eine Frau, sie scheinen von weit her zu kommen, barfuß und ziemlich abgeschafft und erschöpft, knien mit gefalteten Händen vor einer wunderschönen Madonna, die auf ihrem Arm das Kind trägt. Auf den ersten Blick fast ein weihnachtliches Motiv. wie wir es von vielen Krippendarstellungen kennen. Mit dem einen Unterschied: Madonna und Kind befinden sich nicht im Stall oder in der Höhle, man triff sie gleichsam um die Ecke, in einer der vielen kleinen römischen Gassen. Dort ereignet sich dieser wunderbare Augenblick. Beide - die Madonna wie ihr Kind wenden sich dem Pilgerpaar zu, schauen die beiden an und es scheint, dass in diesem Moment das herbe und gezeichnete Gesicht der Ankommenden zu strahlen beginnt. Sehen und gesehen werden - wer so mit Sympathie und Zuneigung angeschaut wird wie die beiden, wer so ankommen darf wie er ist und nichts aus sich machen muss, wer sich nicht größer und nicht kleiner machen muss, wer auch das weniger Schöne mitbringen darf und nicht ständig vertuschen muss, der erlebt eine Begegnung, die zutiefst  mit dem weihnachtlichen Geschehen zusammenhängt. Gott kommt auf Augenhöhe, damit er den Menschen anschauen kann. Anschauen, ansehen, erkennen - die Bibel hat dafür ein einziges Wort: lieben. Gott kommt auf Augenhöhe, um jedem Menschen das zu geben, was er lebensnotwendig braucht: Augen, die es gut mit ihm meinen, Augen, die tiefer und weiter sehen als unser oft kleinlicher und unbarmherziger Blick, Augen, die aufrichten statt zu verurteilen, Augen, die trösten und Mut machen. Für Gott ist wirklich jeder eine Sehenswürdigkeit. Und genau das macht die Würde jedes einzelnen Menschen aus. Weder Alter, noch gesundheitlicher Zustand, weder äußeres Erscheinungsbild noch beruflicher Erfolg, weder Abstammung noch Religionszugehörigkeit, weder Geschlecht noch Gehalt können über den Wert menschlichen Lebens bestimmen. Jeder Mensch ist eine Sehenswürdigkeit, weil Gott ihn ansieht. Nun brauchen wir es heut dem jungen Mann nicht gleichtun und uns entsprechend in der Öffentlichkeit postieren. Es reicht auch schon ein kurzer Augenblick vor dem Spiegel. Einmal nicht auf die Falten oder die grauen Haare oder das lästige Übergewicht schauen, einmal gut hinschauen und entdecken, dass Gott mich anschaut, und liebt und nur so werden wir erkennen, dass wirklich jeder eine Sehenswürdigkeit ist.

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SWR4 Sonntagsgedanken

Es ist wahrscheinlich eines der bekanntesten Bilder der Kunstgeschichte. Kalender, Postkarten, Meditationsbücher und andere Geschenkartikel sind voll davon. Es ist ein Bild voller Leben und für mich auch ein Bild von Gott, den die Bibel  nicht ohne Grund ein Freund des Lebens nennt. Vincent van Gogh hat es 1888 geschaffen und darin eines seiner Lieblingsmotive aufgegriffen. Das Bild hat den Titel: der Sämann!
Mit festen Schritten geht ein Bauer auf seinen Acker und wirft in einer gleichermaßen großzügigen wie entschlossenen Geste die Samenkörner zur Erde. Zupacken und loslassen in einem - eine Handlung, wie sie die Bauern vor der Zeit der Sämaschinen immer gekannt haben. Im Vordergrund steht der Mensch, der kräftig zupacken muss, wenn er eine gute Ernte einfahren will, der Mensch, der mit Hand und Herz und hoffentlich auch mit Verstand ans Werk geht und dabei keine Mühe scheut und sich auch durch Misserfolge nicht aufhalten lässt.
Hinter dem Bauern strahlt am Horizont übergroß und kraftvoll die Sonne, wobei nicht zu sehen ist ob sie im Aufgehen oder im Sinken ist. Sie umspannt den Tageslauf des Menschen und ihr Licht fällt auf den Morgen wie auf den Abend, auf die Hoffnungen, wie auf die Ängste, auf  das Gelingen wie auf das Scheitern, auf die Anstrengung wie auf die Erschöpfung. Ohne diese Sonne gäbe es kein Leben, keine Zeit, keine Farben, weder Säen noch Ernten, weder wachsen noch reifen.
Van Gogh bleibt mit diesem und vielen seiner Bilder nicht beim Vordergründigen und Sichtbaren stehen. Er entdeckt hinter dem Augenschein eine tiefere Wirklichkeit und für ihn - den begnadeten Maler - ist die Natur wie ein Gleichnis für das Göttliche. Seine Bilder sind nicht nur Abbildungen natürlicher Vorgänge, sie sind immer auch Ausdruck einer großen Sehnsucht, die über den Horizont des Alltäglichen hinausblickt. Man beginnt immer deutlicher zu erkennen, schreibt van Gogh, dass das Leben nur eine Zeit der Aussaat ist. Die  Ernte, sagt er, ist nicht hier. Der Sämann weiß was er zu tun hat, was in seiner Macht steht. Er weiß aber auch um das andere und schaut auf die Sonne, die ohne das Zutun des Menschen auf- und niedergeht. 

Musik

So ist es unter der Sonne: Saat und Ernte, Anfang und Ende, Keimen und Reifen. Zwischen diesen Polen entwickelt sich jedes einzelne Geschöpf, jeder einzelne Mensch. Es ist immer wieder faszinierend, wenn man Fotos eines bestimmten Menschen in unterschiedlichen Lebensaltern nebeneinander legt. Das Leben selbst führt den Pinsel und gibt einem Gesicht, einer Person einen ganz eigenen Ausdruck. Die Lebensfreude, die Zufriedenheit, die Dankbarkeit, sind darin ebenso zu lesen wie die Enttäuschung, die Trauer und so manche Schicksalsschläge.
Saat und Ernte, Anfang und Ende, Keimen und Reifen. Als Christ glaube ich, dass die ganze Schöpfung und jeder Mensch einem Ziel entgegen reift. Das Spiel von Werden und Vergehen, das Spiel der Schöpfung ist kein Selbstzweck. Das Leben hat eine Richtung und hat ein Ziel, es geht seiner Reife oder anders gesagt seiner Vollendung entgegen.
Ich glaube, am Ende der Zeit wird Ernte gehalten, es wird Gottes Ernte sein. Keine schreckliche Abrechnung, sondern eher ein Fest, ein Erntefest! Und dann sehen wir, was aus unserem Leben geworden oder nicht geworden ist, dann wird es klar, was wir erreicht oder auch versäumt haben, dann kommt alles noch einmal auf den Tisch und Gott sei Dank nicht mit unseren oft so kleinlichen und unbarmherzigen Maßstäben sortiert. Nein wir dürfen uns dem Herrn der Ernte anvertrauen und sogar damit rechnen, dass er für alle unreifen oder faulen Fürchte unseres Lebens noch einen Weg weiß.
Obwohl ganz im Vordergrund ist auf dem Bild van Goghs eben nicht der Mensch die Mitte und das Maß aller Dinge .Keine Frage! Wir haben verantwortlich zu handeln, wir haben mit unseren ganz verschiedenen Fähigkeiten und Begabungen den Acker dieser Welt zu pflegen und zu bebauen, wir können nicht die Hände in den Schoß legen und uns heraushalten. Vom ersten Tag an hat der Mensch einen Auftrag, ist ihm die Schöpfung zur Pflege und Bebauung anvertraut. Aber er muss sich nicht überheben. er braucht nicht Gott sein, und sich oder andere erlösen.
 Über dem ganzen leuchtet die Sonne. Van Gogh sieht in ihr ein Sinnbild für den Schöpfer, der alles ins Dasein ruft und nichts von dem was er geschaffen hat vergisst. Der Schöpfer, von dem die Bibel ausdrücklich sagt er sei ein Freund des Lebens, er ist der eigentliche Mittelpunkt des Ganzen und letztlich ist er auch das Ziel. Auf ihn hin wachsen wir, auf ihn hin sterben wir, auf ihn hin leben wir. Van Gogh sagt es so: das Leben ist eine Zeit der Aussaat, die Ernte ist nicht hier.

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