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SWR3 Gedanken
Was ist wichtiger - Geld oder Liebe? Diese Frage hat mich im Sommer in St. Tropez eingeholt, wo ich mit VW-Bus und Familie unterwegs war.
Wir hatten unsere Handtücher zufällig in der Nähe eines ziemlich exklusiven Beach-Clubs ausgelegt. Dort haben wir vor Augen geführt bekommen, welch ein Leben Reiche führen können: Cocktails, Schatten, bequeme Liegen und sogar einen Shuttle-Service vom Club zur eigenen Yacht.
Und dann beobachte ich noch eine Szene - ein paar Handtücher weiter. Da liegen zwei junge, frisch Verliebte am Strand. Haben nichts als ein Handtuch und eine Wasserflasche dabei. Sie leben sprichwörtlich von Luft und Liebe - wie ein Gegenentwurf zu den Leuten im Beach-Club. Und sie scheinen nicht unglücklicher zu sein – im Gegenteil.
Später laufen wir am Hafen von St. Tropez entlang. Die haushohen Luxusyachten dort sprengen jeden Rahmen. Da entdeckt meine Frau eine Skulptur aus Metall. Ein Männchen, das knapp überm Boden schwebt. In der linken Hand einen schweren Geldsack, der es zu Boden zieht. Und in der Rechten ein Luftballon-Herz, das nach oben zieht. „Geld oder Liebe?“, scheint es zu fragen. Geld kann runterziehen, Liebe nach oben.
Während ich die Skulptur betrachte, denke ich: Die passt gut hier her. Denn gerade wer viel Geld hat, sollte ab und zu überlegen, wie wichtig man es nimmt, ob es mich regiert, ob es mich gierig oder oberflächlich macht - runterzieht. Und wer nicht so viel davon hat, darf sich immer wieder bewusst machen, welch wunderbares Geschenk doch die Liebe ist.
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Wir Menschen sind alle aus Sternenstaub. Das hört sich etwas esoterisch an, ist aber wissenschaftlich anerkannt. Nach dem Urknall sind die ersten Gas-Sterne entstanden - so etwas wie kosmische Kraftwerke, in denen sich chemische Elemente bilden konnten. Wenn so ein Stern explodiert, wird das ganze Material ins All geschleudert und trifft dort irgendwo auf Reste anderer Explosionen. Daraus werden neue Himmelskörper und letztlich auch alles, woraus die Erde besteht. Egal ob Steine, Insekten Menschen oder Pflanzen, wir sind alle aus dem gleichen Material - faszinierend.
Wenn ich mir das bewusst mache, dann fühle ich mich nicht nur mit dem Universum verbunden, sondern auch mit allem, was mich hier umgibt. Und das macht wieder mal deutlich, dass wir Menschen alle die gleiche Würde haben, uns also gleich behandeln sollten, und ebenso die Natur.
Der Astrophysiker Heino Falcke hat viel über die Entstehung des Universums geforscht. Er sagt: „Wenn ich frage: Wo kommt das alles her? (…) Dann komme ich vielleicht zum Urknall - aber wo kommt der her? Und wo kommen die Regeln her, aus denen alles entstanden ist? Und diese Grundfragen, die kann die Naturwissenschaft einfach nicht beantworten.“
Wenn ich an diesen unbeantworteten Fragen nicht verzweifeln möchte, dann kann ich eine Grundentscheidung treffen. Nämlich die, dass ich darauf vertraue, in guten Händen eines Schöpfers zu sein. Heino Falcke hat diese Entscheidung getroffen und ist froh darüber. Denn deshalb kann er voller Überzeugung sagen: „Ja, wir sind rein physikalisch gesehen eine Ansammlung von Sternenstaub. Aber mit unserem „Ja“ zum Schöpfer sind wir geliebte Krümelchen im All.“
Heino Falcke zitiert nach: SWR Kultur „Zum Feiertag Christi Himmelfahrt“ vom 18.05.2023. Interview mit Heino Falcke. (https://www.kirche-im-swr.de/beitraege/?id=37680) am 17.12.2024
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Woher kommt dieser Ausdruck - „zwischen den Jahren“? Ich dachte immer, das „zwischen“ bezieht sich auf das alte und das neue Jahr. Jetzt habe ich gelesen, dass ein ganz anderer Zwischenraum gemeint ist: der zwischen Sonnenjahr und Mondjahr. Die Sonne braucht genau 365 Tage, um wieder an derselben Stelle zu stehen wie im Vorjahr. Der Mond aber elf Tage weniger. Und diese elf Tage nennt man „zwischen den Jahren“. Sie dauert von Heiligabend bis Dreikönig.
Früher wurde sie betrachtet als „Zeit außerhalb der Zeit“ oder des normalen Rhythmus - und damit eine freie und geschenkte Zeit. Und so fühlt sie sich vielleicht auch heute noch an. Meistens weiß ich gar nicht mehr, welcher Wochentag gerade ist.
Ein, zwei Stunden reserviere ich in dieser „Zwischenzeit“ gerne für meinen Terminkalender. Ich setze mich in Ruhe hin und gehe Woche für Woche das vergangene Jahr durch. Da sehe ich, was alles los war und erinnere mich nochmal an die schönen und auch die schweren Momente des Jahres: Wer ist zur Welt gekommen? Wer ist gestorben? Welche Feste haben wir gefeiert und wo war ich in Urlaub?
Und weil ich den Terminkalender schon mal vor mir habe, werfe ich gleich auch noch einen Blick ins kommende Jahr: Welche wichtigen Termine stehen schon drin? Wen sollte ich mal wieder treffen? Worauf freue ich mich schon?
Mich sammeln, das Alte abschließen und mich aufs Kommende einstellen - ich glaube das ist ein guter Plan, um bewusst zu leben. Und ein guter Plan für heute oder die kommenden Tage.
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Die Tage nach Weihnachten nennt man „Raunächte“. Vielleicht, weil sie besonders rau und unwirtlich sind. Früher hat man sich in den Raunächten abends in der Stube am Kaminfeuer getroffen, um Geschichten von den Ahnen und von Geistern zu erzählen. Man hat Hausmusik gemacht, Körbe geflochten und auf seine Träume geachtet.
Heute klingt das überholt. Ich finde die ursprüngliche Idee dahinter trotzdem gut. Es ging ja darum, die Zeit gut zu nutzen, in der man zur Pause verdonnert war, weil die Natur gerade Pause macht und weil es draußen kalt und dunkel ist. Und da hat man offenbar Wert darauf gelegt, Zeit für sich, für andere und für das Übersinnliche zu haben.
Das geht auch heute noch: sich mit Freunden oder der Familie treffen. Vielleicht nicht in einer Bauernstube am Kamin, aber auf dem Sofa oder in einer gemütlichen Kneipe. Statt Körbe zu flechten könnte ich einem vernachlässigten Hobby nachgehen – mal wieder die Klarinette auspacken oder ein altes Möbelstück auf Vordermann bringen. Und warum nicht Bilder von alten Freunden oder Verstorbenen aufstellen und sich an ihre Spleens oder Sprüche erinnern.
Von jeher waren die Raunächte eine Zeit, in der man sensibel war für alles Sinnliche und Übersinnliche. Eine Zeit, in der man seine Gefühle und Träume ernst genommen hat. Vielleicht führe ich ein kleines Tagebuch, in das ich schreibe, wie ich mich gerade fühle oder was ich geträumt habe.
Die Raunächte – genau die richtige Zeit, um mir mal wieder klar zu machen, wo ich herkomme, was mich ausmacht und wie´s in mir aussieht.
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Ich war mit meiner Familie auf der Eislaufbahn. Wenn ich gewusst hätte, wie rutschig das ist, hätte ich nicht so schnell zugestimmt. Mit klobigen Schlittschuhen betrete ich die Eisfläche, mache vorsichtige Schrittchen und ausladende Armbewegungen. Um mich herum schnelle Flitzer und elegante Schwünge, alle scheinen in ihrem Element zu sein, nur ich nicht.
Mit Weihnachten hat sich Gott auch ein Stück aufs Glatteis begeben. Im übertragenen Sinn hat er seinen fest stehenden Himmelsthron verlassen und muss nun in Kinderschuhen die Mühen der Welt ertragen: abhängig von Maria und Josef, Masern, Karies, Streit mit den Geschwistern, ein blauer Fingernagel vom Hämmern in Papas Werkstatt – für Gott vielleicht ein Gefühl wie für mich auf dem Eis.
Bei mir ist es allerdings nicht bei diesem Gefühl geblieben. Nach ein paar vorsichtigen Runden hat die Sache angefangen Spaß zu machen – das mühelose Gleiten, die immer tollkühneren Kurven, und nicht zuletzt auch die Glühwein-Pause an der Bande.
Auch Jesus ist irgendwann mal in den Flow gekommen. Mit 30 Jahren hatte er seinen Weg gefunden von der Hobelbank in die Sandalen des Wanderpredigers. Er hat das gemacht, was seine Berufung war: Minderheiten geschützt, Menschen geheilt und von Gott seinem Vater erzählt. Was ihm wichtig war, würde er vielleicht so zusammenfassen: „Mein Vater ist kein rachsüchtiger Herrscher, sondern ein liebevoller Papa und Mama für alle. Auch wenn das Leben hart sein kann, wenn alle anderen schneller sind, wenn ihr ausrutscht oder das Leben euch wehtut – mein Vater wird bei euch sein. Fürchtet euch nicht!“
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Einen ganz besonderen Engel hat der Autor Frank Howaldt vor ein paar Jahren im Züricher Hauptbahnhof erlebt. Er erzählt:
„Engel“ wird sie genannt. (…) Niemand weiß, wie sie wirklich heißt (…). Arm sieht sie aus, mit beiden Händen hält sie sich an ihrem (…) Rollstuhl fest. (…) Sie steht einfach da. (…) Mitten im Getümmel des Züricher Hauptbahnhofes. (…)
Es hat sich herumgesprochen, wofür sie da ist. Sie segnet. (…) Meistens tut sie es beiläufig – ohne große Gesten und lautlos segnet sie die vorbeieilenden Reisenden. Wie ein immerwährendes Gebet.
Manchmal bleibt jemand stehen. Scheinbar sorgenvoll, weil etwas Schweres bevorsteht. Auch dann bleibt sie leise, oft mit geschlossenen Augen. Aber die Menschen in Zürich vertrauen ihrem Engel am Rande der Bahnhofshalle. (…) Fürchte dich nicht!
Quelle:
Andere Zeiten e.V. (Hg.): Adventskalender 2013 / 14, Andere Zeiten e.V., Hamburg 2013, Seite: 1. Dezember
SWR3 Worte
Eine Nikolausgeschichte der Bloggerin und Autorin Susanne Niemeyer
Einmal fand ich eine Rose an der Windschutzscheibe (…). Eine rote Rose, sie klemmte hinter dem Scheibenwischer. Kein Zettel dabei, keine Nachricht (…). Ich war beflügelt, in Gedanken bei einem heimlichen Verehrer oder einem gewitzten Freund (…). Mit einem Lächeln schwebte ich durch den Tag.
Heute werde ich Rosen kaufen. Und sie hinter die Scheibenwischer einiger Autos klemmen. Oder ein paar Nikoläuse in Briefkästen verteilen. Vielleicht auch einen Stern an die Türen meiner Nachbarn hängen. Und dann werde ich mir vorstellen, dass der eine oder die andere überrascht ist. Sich freut und gute Laune bekommt. Weil jemand an ihn gedacht hat.
Quelle:
Susanne Niemeyer: Rosen, in: Andere Zeiten e.V. (Hg.): ach!, Hamburg 2007.
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Wer ist nur für das vorweihnachtliche Verkehrschaos verantwortlich? Der US amerikanische Pfarrer und Autor Norman Vincent Peale steht im Stau und hat dazu eine Idee. Er erzählt:
Unser Taxi schaffte in jener Vorweihnachtszeit in fünfzehn Minuten etwa zwei Häuserblocks. „Dieser Verkehr ist eine Katastrophe“, schimpfte mein Begleiter. „Er nimmt mir das ganze bisschen Weihnachtsstimmung, das ich habe.“
Mein anderer Begleiter war philosophischer. „Es ist unglaublich“, sinnierte er, „ganz und gar unglaublich. Denkt doch bloß – ein Kind, das vor über zweitausend Jahren mehr als achttausend Kilometer von hier geboren wurde, verursacht ein Verkehrschaos auf der Fifth Avenue in New York.“ Tja, das ist tatsächlich unglaublich!
Quelle:
Norman Vincent Peale: Heute fängt dein Leben an, Oesch-Verlag, Zürich 2004.
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Man kann ja den Eindruck gewinnen, alle schreien sich heutzutage nur noch an, egal ob in echt oder im Netz. Ein Gegenmittel weiß der finnische Autor Antti Tuomainen. Er schreibt:
Heutzutage schreien sich alle nur noch an, weil sie denken, alles zu wissen und ständig Stellung nehmen zu müssen, und jeder will lauter schreien und mehr recht haben. Wie erfrischend ist da derjenige, der in aller Ruhe mitteilt, dass er es nicht weiß.
Quelle
Antti Tuomainen: Klein Sibirien, Rowohlt Verlag Hamburg 2020.
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Ein Konto, das jeden Tag reichlich neu gefüllt wird. Klingt nicht schlecht. Der französische Filmproduzent Marc Levy teilt mit, dass es das tatsächlich gibt. Er sagt:
Stell Dir vor, jeden Morgen stellt Dir eine Bank 86.400 Euro auf Deinem Konto zur Verfügung. Du kannst den gesamten Betrag an einem Tag ausgeben. Allerdings kannst Du nichts sparen, was Du nicht ausgegeben hast, verfällt. (…) Was würdest Du tun?
Dieses Spiel ist Realität: Jeder von uns hat so eine magische Bank: die Zeit. Jeden Morgen bekommen wir 86.400 Sekunden Leben für den Tag geschenkt. Was wir an diesem Tag nicht gelebt haben, ist verloren, für immer verloren. Aber jeden Morgen beginnt sich das Konto neu zu füllen.
Was also machst Du mit Deinen täglichen 86.400 Sekunden?
Quelle
Marc Levy: Solange du bist, Verlagsgruppe Random House München 2011.
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