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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Romantisch war sein Leben ganz bestimmt nicht: als Jugendlicher gegen den eigenen Willen Soldat zu werden und dann 25 Jahre lang bleiben zu müssen – das stelle ich mir nicht romantisch, sondern sehr hart vor. Und hart war es ganz bestimmt. Die meisten Menschen kennen den Heiligen Martin von Tours als römischen Reitersoldaten, der vom Pferd herunter einem Frierenden seinen halben Mantel schenkt. So wird sein Namenstag heute an vielen Orten gefeiert. Die Mantelteilung ist eine romantische Legende über den Heiligen Martin. Tatsächlich weiß man von ihm, dass er wirklich ein großes Herz für die Armen hatte.

Schade, dass andere Seiten seines Lebens weniger bekannt sind. Sein Mut zum Beispiel. Und seine Weltläufigkeit. Sein Organisationsgeschick. Martin von Tours war ein hoch-interessanter Mensch: Geboren in Ungarn, aufgewachsen in Italien, in Frankreich getauft, nach Stationen im heutigen Europa, auch in Deutschland schließlich gestorben in Frankreich im hohen Alter von 81 Jahren. Er war Soldat, Christ, Priester und Mönch, auch Bischof. Er war nicht nur Seelsorger, sondern auch Organisator. Als ehemaliger Soldat verstand er viel von Gruppen und ihrer Dynamik und hat in den jungen christlichen Gemeinden Organisationsstrukturen entwickelt – heute würde man sagen, er hat die Christengemeinden vernetzt und für Leitungskräfte gesorgt. Vor allem aber scheint er seinen eigenen Kopf gehabt zu haben. Und den hat er kräftig eingesetzt. In Berichten und Briefen wird er beschrieben als ein unerschrockener Mensch, der die christlichen Werte sehr ernst nimmt und keine Kompromisse macht. Halbheiten sind seine Sache nicht. Das fängt schon damit an, dass er den Soldatendienst aufgibt, immerhin sein sicherer Lebensunterhalt; aber er kann nicht länger Soldat sein, weil Christ sein und Soldat – das geht für ihn nicht zusammen. Er will als Christ keine blutigen Feldzüge gegen die Germanen mehr machen. Später als Mönch lebt er ganz arm und asketisch, damit nichts ihn vom Glauben ablenkt.  Nichts soll sich dazwischenschieben, vor allem kein Besitz, um den man sich ja kümmern müsste. Die Liebe zu Gott und zu den Menschen bleibt ihm zeitlebens immer das Wichtigste. Und deshalb nimmt er wohl auch kein Blatt vor den Mund, wenn jemand unrecht behandelt wird. Da muss sich sogar der damalige Kaiser einiges anhören. Und – erstaunlich genug -  der lässt sich das gefallen!  Ich kann mir das nur so erklären: Selbst der Kaiser spürte, dass in diesem Martin von Tours eine besondere Kraft am Werk ist. Es ist Gottes Kraft, der Heilige Geist.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Es ist geschafft! Das Haus meiner Urgroßeltern und Großeltern ist leergeräumt. Viele Wochen hat das alles gedauert. Ich hatte viele schlaflose Nächte. Aber jetzt ist es geschafft! Endlich. Einmal noch gehe ich durch die leeren Räume. Schaue mir die schiefen Fußböden an, die verbrauchten Wände, die alten Türen. Und dann verabschiede ich mich. Ich habe dieses uralte Haus geliebt. Für uns Kinder war es die zweite Heimat. Kein Wunder, wer hat schon einen Opa mit einem Spielwarenladen? Der rauschende Bach hinter dem Haus war meine schönste Einschlafmusik. Man konnte in Hausschuhen zum Bäcker nebenan gehen. Auch die lange steile Treppe habe ich geliebt. Wenn ich mit dem Koffer unten stand und von oben mit einem herzlichen Gruß hinaufgerufen wurde, das war jedesmal wie  Heimkommen.  Jede knarrende Diele im Flur habe ich gekannt, jedes Möbelstück, und den Blick vom Erker auf die Straße. Das alte Haus war ein Teil meines Lebens, obwohl ich dort immer nur zu Besuch war. Aber das Schönste war: Meine eigene Familie hat diese Liebe mit mir geteilt.

Und jetzt – ist das alles zu Ende. Wir haben den Haushalt aufgelöst. Der letzte Besitzer, mein Patenonkel, ist verstorben. Und mit ihm ist dieser Teil der Familiengeschichte nun beendet. Aber nicht vergessen! Denn der Onkel hat uns viele Erinnerungen hinterlassen. Fotos, Briefe, alte Urkunden, Hausrat, Tagebücher. Und jede Menge alte Sachen, auch viel Kram, den niemand mehr verwenden kann. In der Familie ist unendlich viel aufbewahrt worden. In dem großen Haus war ja Platz. Es gab einen riesigen Speicher, dort fanden wir die Schätze von Generationen. Wir sind beim Ausräumen manchmal fast verzweifelt.

Und doch: Die vielen Sachen haben mich noch einmal mit der Familie verbunden. Ich lernte meine Urgroßeltern ein wenig mehr kennen, ihre 9 Kinder. Weiß nun ihre Namen, ihre Berufe, ihre Schicksale und was für Typen sie waren. Ich bin ihren Lebensgeschichten begegnet. Und noch einmal meinen Großeltern, der Kindheit meiner Mutter, die dort gewohnt hat bis zu ihrer Heirat. Das Haus hat viel erlebt. Das erzählten die vielen Dinge, das erzählten die Räume. Noch einmal habe ich meine Vorfahren geehrt und ihnen gedankt, dass ich dazugehöre.

Ja, und das alles lebt nun in meinem Herzen. Das Haus aber darf ich loslassen. Es gehört nun jemand anderem. Und das ist wirklich gut so. In die Wohnung werden andere einziehen. Ihnen wünsche ich Glück. Und fühle mich ganz frei!

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

„Das ist doch ganz einfach“…..sagt der Vorsitzende eines Pfarrgemeinderates. „Wir müssen nur endlich wieder strengere Regeln einführen“. Er glaubt ernsthaft, dass damit die Kirchen wieder aufblühen. „Das ist doch ganz einfach“…höre ich Leute hinter mir diskutieren. „Grenzen zu, Mauern hochgezogen, Schluss mit dem Flüchtlingsproblem.“

Ich werde zunehmend unruhig in solchen Situationen. Denn das Leben ist selten „ganz einfach“. Nicht in der Politik, nicht in der Erziehung und nicht in der Kirche. Für komplexe Probleme gibt es keine einfachen Lösungen. Gewalt ist schon gar keine Lösung. Das ist ja das Problem – manchmal gibt es wirklich keine vernünftigen Lösungen. Und schon gar keine einfachen. Jedenfalls nicht sofort. 

Jesus hat seinen Jüngern einmal eine Gleichnisgeschichte erzählt von einem Sämann. Darin geht es auch um die Frage: Welche Lösung ist die Richtige? Der Sämann hatte Weizen eingesät und hoffte natürlich auf eine gute Ernte. Doch leider ist es nicht dabei geblieben. Mit dem Weizen wächst nun auch jede Menge Unkraut. Die Feldarbeiter finden: Das ist doch ganz einfach. Das Unkraut muss raus! Dann ist Ruhe auf dem Feld.

Aber der Sämann ist klüger. Ausreißen klingt zwar einfach, ist aber überhaupt keine gute Idee. Beim Ausreißen von Unkraut würden auch die Weizenpflanzen beschädigt. Deshalb befiehlt er: Alles soll in Ruhe wachsen. Sortiert wird später. 

Ein heutiger Landwirt könnte so keinen Weizen produzieren. Das Gleichnis ist eine Lehrgeschichte, keine Anleitung für die Feldarbeit. Erzählt ist sie zur Warnung für all jene, die immer gerne das Störende mit Stumpf und Stiel ausreißen wollen. Die, die am liebsten kurzen Prozess machen würden. Sie werden hier eines Besseren belehrt. Jesus sagt ihnen:Manchmal muss man aushalten, dass es keine Lösung gibt. Jedenfalls noch nicht. Manchmal muss man aushalten, dass es keine einfache Lösung gibt. Entwicklungen brauchen Geduld. Man muss warten können, nachdenken, Kompromisse finden, Gegensätze aushalten. Und aushalten, dass diese Welt nicht vollkommen ist.

 

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Ach, ist das herrlich. Ein Kleinkind läuft um die Tische und guckt, was die Leute so machen. Leise spielt Musik, auf der Terrasse ist es noch angenehm kühl. Links und rechts wird gelacht und diskutiert. Dort drüben sitzt jemand allein mit Zigarette, Kaffee und Buch: Frühstückszeit in einem Café. Das mache ich selten. Meistens frühstücke ich zu Hause. Aber die jungen Leute meiner Familie haben mir das beigebracht, ab und zu eben doch mal im Café zu frühstücken. Die machen sowas öfter, wenn sie frei haben. Und bei mir ist heute auch Festtag. Denn ich treffe mich mit einer Patentochter. Wir haben uns lange nicht gesehen. Sie studiert, ich gehe meiner Arbeit nach, leider finden wir nicht so oft zusammen. Aber jetzt hat es geklappt. Kaum haben wir unser Frühstück, kommen auch die interessanten  Gesprächsthemen. Sie ist ein politischer Mensch, jung, klug und überlegt. Man kann sich wunderbar mit ihr unterhalten. Sie hat eine Meinung, sie hat Charakter, und sie weiß eine Menge. Ich lerne von ihr. Aber jetzt genieße ich erst einmal zwei Dinge gleichzeitig: ich genieße diese junge Frau. Und ich genieße das schöne Frühstück.

Zusammensein - Zeit miteinander teilen - reden können. Das macht mein Leben reich. Die Zeit im Café ist für mich eine himmlische Stunde. Wenn ich mich umgucke, geht es den anderen um uns herum genauso. Ich sehe lauter frohe Gesichter. Und es wundert mich nicht, dass sogar die Bibel davon erzählt, was für ein geselliger Mensch Jesus gewesen sei. Viele haben ihm das übelgenommen. Ein Gelehrter, ein Rabbi, der soll lehren und weise Worte von sich geben. Aber doch nicht mit den einfachen Leuten zusammensitzen und reden. Ich bin froh, dass er nicht auf die Spaßbremsen gehört hat. Sondern dass er dabei blieb, mit anderen zusammensein zu wollen. Mit ihnen zu essen, zu reden, und zuzuhören. Sicherlich haben sie auch damals schon über Gott und die Welt diskutiert. Und auf diese Weise das Leben geteilt. So haben sie auch am meisten davon erfahren und gespürt, was Jesus dachte und wie er lebte und was ihm wichtig war.

Mitunter wirkt eine gemeinsam verbrachte Zeit intensiver als manche Predigt.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Wer hat schon gerne mit Behörden zu tun? Ich gestehe, mir ist immer etwas mulmig, wenn amtliche Schreiben eintreffen. Erst mal kriege ich Herzklopfen: Was ist es dieses Mal? Was muss ich denn jetzt wieder alles herbeibringen? Und manchmal verstehe ich nicht auf Anhieb, worum es eigentlich geht.

In den letzten Monaten kamen viele amtliche Schreiben. Manchmal fühlte ich mich fast erschlagen von all den Fristen, Anträgen, Ablehnungen, Änderungen…Da half nichts. Es musste sein, und ich musste da durch. In dieser Zeit habe ich viele Ämter kennengelernt. In Deutschland gibt’s nun mal viele Behörden, viele Rechtsvorgänge und viele Verwaltungsangestellte. Alles und jedes ist geregelt. Und es gibt noch viel mehr Verwaltungsvorgänge, für die man Papiere herbeibringen, Kopien machen und Beglaubigungen vorlegen muss. Aber gleich an dieser Stelle kann ich sagen: Meine Anliegen wurden meist zugewandt aufgenommen. Immer war der Ton freundlich. Waren die Menschen auf der anderen Seite des Schreibtischs hilfsbereit. Selten gab es mal jemand, der mir nicht weiterhelfen konnte. Wirklich nicht konnte. Aber dann entschuldigten sich die Menschen und empfahlen mir etwas, was ich vielleicht stattdessen versuchen könnte.

Es stimmt schon, Behörden-Sachen sind oft lästig. Formulare, Vorschriften, Papiere und Verwaltungsvorgänge können schon nerven. Natürlich bin ich immer froh, wenn wieder etwas erledigt ist. Meistens ging es gut aus.

Vor allem aber ist mir eines klargeworden: Das Recht ist für alle gleich. Und darüber bin ich froh! Ja, richtig froh! Bei uns ist es so, dass jeder Auskünfte und Genehmigungen bekommt, ohne dafür schmieren zu müssen. Regeln gelten für alle. Rechte und Vorschriften gelten auch für alle. Das ist in vielen Ländern anders. In vielen Ländern sind Bürger ihren Staatsdienern ziemlich ausgeliefert. Die können oft machen, was sie wollen. In Deutschland gilt im Wesentlichen das Gesetz. Korruption ist strafbar. Die Vorschriften, die einen manchmal so nerven können, gelten wirklich für alle. Und selbst wenn es total spießig ist: Dieses Verständnis von Recht und Ordnung ist mir sehr viel wert!

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Sechzig Jahre sind eine lange Zeit. Eine sehr lange Zeit. Und so lange lebt die zierliche Ordensfrau auch im Kloster. Sie feiert heute ihr 60jähriges Ordensjubiläum. Auf diesen Tag hat sie sich schon das ganze Jahr gefreut. Zu Recht, finde ich!

Schon als Schülerin wollte sie Ordensfrau werden. Aber – eine junge Frau braucht einen Beruf, sagten die Eltern. Erst einmal wird die Schule beendet. Danach wird ein Beruf erlernt. Dann erst durfte sie in ein Kloster eintreten. Und dort verbrachte sie diese 60 langen Jahre – an verschiedenen Orten, in verschiedenen Aufgaben. Aber immer hatte sie mit Kindern zu tun. Mit schwierigen Kindern konnte sie es besonders gut. Die hat sie besonders unterstützt. Ihre Kinder, für die hat sie gekämpft. Wer mit Menschen zu tun hat, trägt viel Verantwortung. Aber genau das wollte sie tun. Da blühte sie auf. Und auch heute noch strahlt sie, wenn sie von den Kindern erzählt. Heute sind alle längst erwachsen, aber viele rufen regelmäßig an oder kommen zu Besuch. Sie erinnern sich, wie die Schwester ihre Löcher im Knie verpflastert hat, nachts Hosen flickte. Oder dass sie mit ihnen vor dem Essen gebetet hat. Oder wie sie bei Lehrern eingetreten ist.

Ihre Augen blitzen, wenn sie von all dem erzählt. Schweres, ja das gab es genug. Mehr als genug. Wer mit Menschen zu tun hat, wird auch enttäuscht. Oder erlebt Trauriges. Aber das war halt, sagt sie. Es waren doch meine Schützlinge. Ich war für sie verantwortlich. In allem. Ich habe sie geliebt.

Wie hat sie das alles geschafft, frage ich?

Och, sagt sie freundlich, das ist ganz einfach: Ich spürte immer, dass Jesus Christus mich liebt. Und diese Liebe habe ich dann an die Kinder weitergegeben. Fast wundert sie sich über meine Frage. 

Und heute? An ihrem Ehrentag? Dankbar blickt sie zurück auf ein reiches Leben. Immer habe ich versucht, zum Lob seiner Herrlichkeit zu leben, sagt sie. 60 Jahre lang. Und das will ich auch weiter tun, solange ich kann.

Herzlichen Glückwunsch – sage ich gerne dazu. Und weiterhin Gottes Segen!

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Fröhlich kommt das Nachbarkind an meiner Tür vorbei – und bedankt sich für ein kleines Geschenk zur Erstkommunion. „Wie war denn dein Festtag“? frage ich, und sie strahlt und erzählt, dass es sehr schön war. Ein richtig wunderschöner Tag. Sie ist immer noch sehr glücklich. Und ihre Eltern bestätigen das. Mit der Familie und mit Freunden haben sie alle fröhlich gefeiert. Die Erstkommunion ist doch so ein wichtiger Tag für ihr Kind, sagen sie, und den haben sie alle genossen. Aber – so sagt mir die Mutter dann – sie hat mitbekommen, dass in manchen Familien das Fest schon nach dem Mittagessen zu Ende war. Wie – frage ich? Warum denn das?  Das kann doch gar nicht sein. Doch, eine ganze Reihe der Kinder haben erzählt, dass die Gäste nach dem Essen schon wieder fortgegangen sind, um Fussball zu gucken, oder weil sie andere Pläne hatten. Und andere Eltern haben gesagt, so wichtig sei der Tag der Erstkommunion schließlich auch nicht. Da müsse man doch nicht so viel Theater drum machen.

Nun ist das mit dem Theater durchaus richtig erkannt. Theater braucht der Erstkommunion-Tag wirklich nicht. Es ist schon sehr hilfreich, bei aller Feierlichkeit auf dem Boden zu bleiben. Aber die erste Kommunion ist doch keine Nebensache! Wie ist das für ein Kind, das so lange auf diesen Tag vorbereitet wurde? Wie soll es verstehen, dass sein großes Fest für andere nebensächlich ist? Behutsam hat es gelernt, wie wichtig die Freundschaft mit Jesus ist. Und dass die Kommunion ein besonderes Zeichen ist, wie Gott da ganz nah ist. Dass dieser Tag deshalb groß gefeiert wird, mit einem festlichen Gottesdienst , mit schöner Kleidung, mit einer Kerze, mit Geschenken. So lernen sie es, und so sollen sie es feiern dürfen. Doch dann erleben manche das krasse Gegenteil: Für die Familie ist es kein besonderer Tag, kein besonderes Zeichen, und manche Gäste zeigen deutlich, dass ihnen die Erstkommunion egal ist? Ach, wie schade und wie traurig. Ich stelle mir vor, was das für ein Kind bedeutet. Versteht es die Welt noch? Und selbst wenn manche Menschen mit der Kommunion nichts anfangen können – ich wünschte den Kindern, dass solche Familienmitglieder mehr Respekt davor haben, was anderen heilig ist. Es sollte doch Ehrensache sein, dem Kommunionkind seinen Ehrentag zu schenken!

 

 

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

“Umsonst gibts nix” – das habe ich oft gehört, aber schon als Kind konnte ich diesen Satz nicht leiden. Der war so aggressiv. Damit wurde die ganze Generation überall geplagt, in den Familien, beim Sport, in der Schule.  Überall gab es diesen Druck: Streng dich an! Tu was!  Das Leben ist hart. Irgendwie war alles mit Anstrengung verbunden, Schule, Zuwendung, das Leben, bei vielen sogar die Liebe der Eltern, denn “umsonst gibts nix” . Das hatte seine Vorgeschichte. Die Generation, die den Krieg überstanden hatte, die kannte nur das mühsame Leben, für das die meisten viel bezahlen mussten. Das wollten sie uns beibringen. Und manches stimmt ja durchaus immer noch: Gute Noten kriegen die meisten nur, wenn sie fleißig lernen. Einen interessanten Beruf  findet man nicht einfach so nebenbei. Und um ein Instrument spielen zu können,  muss man viel üben.  Anstrengung ist also ganz normal, tut manchmal auch richtig gut und gehört einfach zum Leben. Aber eben nicht immer und nicht ständig – wir Menschen brauchen auch Zeiten, wo es nicht anstrengend ist,  Zeiten ohne Mühe, in denen wir einfach nur so da sein dürfen, wie es halt gerade ist. Und Liebe – Liebe sollte wirklich immer umsonst sein!

Viele Menschen, die an Gott glauben, übertragen diesen Leistungsdruck auf ihren Glauben. Sie meinen, ganz viel tun zu müssen, damit Gott zufrieden ist – und haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie nicht viel beten oder zum Gottesdienst gehen. Sie trauen sich kaum zu denken, dass ihr Leben Gott gefallen könnte.  Aber will Gott das wirklich? Wartet er auf unsere Anstrengung? Verlangt er sie gar? Die Bibel erzählt etwas anderes. “Auf, ihr Durstigen, kommt alle zum Wasser…Kommt und kauft ohne Geld” ruft der Prophet Jesaja im Namen Gottes (Jes 55,1). Er spricht es zu Menschen in der Verbannung. Sie fragen sich, was sie tun müssen, damit Gott sich um sie kümmert.”Nichts”, sagt er ihnen. Nichts müsst ihr tun. Ihr kriegt alles umsonst von Gott.

Gottes Liebe ist ganz frei. Nur eins ist allerdings nötig: Ich sollte sie annehmen.

 

 

 

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Die einen zeigen stramme Muskelpakete - die anderen Speckröllchen. Im Sportstudio treffen ganze Welten aufeinander: Da üben Durchtrainierte und Übergewichtige, Bewegungsmuffel und Bewegungssüchtige, Menschen mit handicaps und hagere Marathon-Läufer. Vor allem viele junge Männer trainieren oft gemeinsam bis zum Umfallen. Da geht es schon mal sehr laut zu, wenn sie sich gegenseitig anfeuern. Und die hübschen Sportstudentinnen mit ihren Klasse-Figuren absolvieren extreme Fitness-Übungen, dehnen sich scheinbar mühelos in alle Richtungen. Gerührt sehe ich ihnen manchmal zu, sie sind so voller Kraft, Beweglichkeit und Ausdauer. Sie genießen, was sie tun. Und sie wissen noch nicht, wie es ist, wenn einem die Knochen wehtun oder Bewegungsabläufe nicht mehr so ganz funktionieren. Ich freue mich, wenn sie sich darüber noch keine Gedanken machen. In ihrem Alter habe ich mir darüber auch keine Gedanken gemacht. Das ist schon okay so.

Die Älteren - und dazu gehöre ich schon lange- machen ihr Bewegungsprogramm aber doch langsamer und bedächtiger. Mit mehr Pausen und weniger Druck. Vielleicht auch nicht immer so ernst? Natürlich ist Sport auch anstrengend. Aber ich habe dabei auch das gute Gewissen, etwas für meine Gesundheit zu tun. Und ich weiß schon lange, dass das Training mir gut tut. Manche Schmerzen sind sogar weggegangen, andere sind weniger geworden durch regelmäßigen Sport. Aber verbissen sehe ich das nicht mehr. Jedenfalls bin ich immer sehr fröhlich, wenn ich meine Bewegungsübungen gemacht habe. Nach dem Training bin ich jung. Fühle mich beweglicher und kräftiger und zufrieden. Und das ist schließlich das Allerbeste. 

Solange ich jung war, habe ich darüber kaum nachgedacht. Aber jetzt ist das anders. Jetzt bin ich dankbar, dass ich mich bewegen kann. Jeden Tag freue ich mich, aufstehen zu können. Jetzt bin ich dankbar für dieses komplizierte Gebilde, das Körper heißt. Bin dankbar für jeden Schritt, den ich zu Fuß gehen kann. Und dankbar überhaupt, zu leben in diesem Körper. Denn er macht es mir möglich, mich hier in dieser Welt zu bewegen.

Und das ist jeden Tag ein Grund, dankbar zu sein.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Es geht ziemlich schnell: Daumen hoch – gefällt mir. Daumen runter – gefällt mir nicht. Geurteilt ist schnell. Das macht jeder ganz oft am Tag. Es beginnt beim Essen, das schmeckt oder nicht schmeckt und geht bis zu Menschen, die ich schwierig finde oder nett, unmöglich oder großartig. Wir entscheiden ganz schnell und fällen unser Urteil. Immer geht es darum: Gefällt mir das – gefällt mir das nicht? Ist es gut – oder ist es schlecht? Oft gehts auch um die Frage: Tut mir diese Sache gut oder schadet sie mir? 

Ich bin schon froh um diese Urteilskraft. Die ist wichtig. Ich muss ja unterscheiden können, was gut für mich ist und was nicht. Aber das viele Urteilen kann auch ins Gegenteil kippen. Wenn das richtige Maß verloren geht. Alles und jedes beurteilen statt genießen, das macht auf die Dauer schlechte Laune. Wenn ich will, finde ich immer ein Haar in der Suppe. Nie ist alles perfekt. Irgendwas fehlt immer. Oder passt mir nicht. Wer immer nur guckt, was wieder falsch gelaufen ist, wird zum Miesepeter. 

Jesus hat gesagt: Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Eine Form von „Richten“ ist das Beurteilen und Bewerten von Menschen. Vielleicht merke ich es gar nicht mehr. Ich kommentiere, beurteile, gebe meine Meinung ab. Und schon hat jemand seinen Stempel weg. Ohne dass mir klar ist, was dann folgt. Denn ich weiß doch nie alles über einen anderen. Und genau deshalb hat Jesus gesagt: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.“ Denn die Folgen von unbedachten Urteilen können verheerend sein, im privaten Leben wie in politischen Zusammenhängen. Aus dem Richten wird leicht Unfrieden, Hass, bis hin zu Kriegen.

Deshalb ist es so wichtig, in der Spur Jesu zu bleiben: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“. Vielleicht hat friedliches Leben dann eine Chance.

 

 

 

 

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