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Der November neigt sich dem Ende. Das Kirchenjahr auch. Die großen ernsten Feiertage des November liegen hinter uns. Allerheiligen, Allerseelen, Volkstrauertag, Totensonntag. Und in wenigen Tagen beginnt die Adventszeit. Mir kommt es immer ein bisschen so vor, als wäre jetzt die dunkelste Zeit des Jahres schon geschafft. Dabei stimmt es rein meteorologisch ja gar nicht, die kürzesten Tage kommen ja noch. Aber der Ausblick auf den Advent ruft so viele schöne Eindrücke wach, dass ich beim Advent gar nicht mehr zuerst an Dunkelheit denke. Sondern an Kerzen, geschmückte Innenstädte und Lichterketten, an Vorfreude und Hektik, an Plätzchen und Geschenke einkaufen. Für mein Empfinden ist der November viel dunkler, auch wenn es draußen noch ein knappes Stündchen länger hell ist.
Aber die biblischen Texte, die in diesen letzten Tagen des Kirchenjahres gelesen werden, sind keineswegs nur dunkel. Sie blicken vielmehr auf die Zukunft. Auf meine Zukunft. Die Rettung kommt von Gott, verkünden sie. Denn Gott ist kein Gott von Toten, sondern von Lebenden erklärt Jesus. Nicht auf Dunkelheit und Trauer stimmen mich diese Texte ein, sondern auf Hoffnung und Verheißung.
Besonders berührt mich dabei ein Satz aus dem Buch der Weisheit. Er wird heute im Gottesdienst gelesen zum Gedenken an den Priester Andreas Dung-Lac und die so genannten 117 vietnamesische Märtyrer. Menschen, die im 19. Jahrhundert in Vietnam für ihren Glauben hingerichtet wurden. Im dritten Kapitel im Buch der Weisheit heißt es: „In den Augen der Menschen wurden sie gestraft, doch ihre Hoffnung ist voll Unsterblichkeit."Eine der schönsten und tröstlichsten Stellen im Alten Testament In meinen Ohren klingt das wie ein Gedicht: „... doch ihre Hoffnung ist voll Unsterblichkeit". Das ist es, denke ich. So möchte ich auch hoffen können. Nicht ängstlich und voller Sorge um die Zukunft sein. Sondern mit einer Hoffnung voll Unsterblichkeit. Dann verlieren auch all die ernsten Tage des November ihren Schatten. Sie werden dadurch nicht heiter und schon gar nicht unwichtiger. Aber sie werden in ein ganz anderes Licht getaucht. In das Licht, das in der Adventszeit dann jeden Tag ein bisschen heller leuchtet.

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Morgen feiert man in Amerika Thanksgiving. Thanksgiving, das ist eine Mischung aus Erntedank und Familienfest, ein Anlass für Familienmitglieder, sich zu treffen und miteinander ein Festtags-Menü zu genießen. Und ein Anlass Danke zu sagen. Für all das, wofür man eben dankbar ist. Das Wichtigste an Thanksgiving ist das gemeinsame Essen: mit Truthahn und Kürbissuppe. Es kursieren zahllose Witze darüber, wie viele Stunden man braucht, um ein echtes Thanksgiving-Menü zu kochen - und wie rasch es dann verzehrt ist.
All das braucht Vorbereitungszeit. Manchmal Wochen im voraus. Und oft genug lohnt sich der Aufwand. Aber trotzdem scheinen mir die Feste am schönsten, bei denen die Freude über die Feier und ihren Anlass im Vordergrund steht. Vielleicht können junge Menschen deshalb besonders gut feiern. Sie ärgern sich am wenigsten darüber, wenn in der Planung mal etwas vergessen wurde, wenn das Essen nicht ganz reicht, die Suppe versalzen oder zuwenig Sitzplätze vorhanden sind. Während erprobte Festgäste sich oft schon über kleinste Unzulänglichkeiten aufregen. Neben wem sie platziert wurden, warum der Service so schlecht oder der Wein nicht kalt genug ist. Dabei kommt es auf all das gar nicht an. Sondern letzten Endes entscheidet die Stimmung, ob ein Fest gelingt oder nicht.
Eine der schönsten Schilderungen eines Festmahls enthält die Kurzgeschichte „Babettes Fest" von Tanja Blixen. Unendliche Vorbereitungen. Ein komplettes Vermögen geht für all die erlesenen Zutaten und Weine drauf. Und doch ist es ein Festmahl, das es wert ist - denn es verwandelt die Gäste. Aus Nörglern und verfeindeten Kleingeistern werden großmütig verzeihende Freunde. Aus Geizkragen werden Genießer. Aus Unzufriedenen werden Glückliche. Aus Skeptikern Glaubende.
Ein Fest kann vieles verändern. Es kann Familienbande kitten oder kappen. Es kann über den Alltag erheben und verzaubern. Und es kann dankbar machen. Dankbar für die, die mit feiern. Und dankbar für Gott, dem wir alles verdanken.

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In diesem Jahr war ich kurz nacheinander bei zwei ganz unterschiedlichen Konzerte. Bei dem einen gab es Mozarts Krönungsmesse im Kloster Eberbach im Rheingau. Es war wunderschön und die Musiker großartig. Es waren schließlich alle Profis. Und nach dem gelungenen Auftritt stiegen die Sänger und Musiker mit ihren kostbaren Instrumenten in ihren Bus, der sie rasch ins Hotel - und von dort zum nächsten Auftritt fahren sollte. Musik, das sah ich den Musikern an, kann ganz schön harte Arbeit sein. Das zweite Konzert fand in der bildhübschen kleinen Bergkirche St. Wigbert in Schornsheim statt. Sie fasste gar nicht all die Besucher, die kommen wollten und so mussten die Chöre gleich zweimal hintereinander auftreten. Es war eine tolle Sache - die Nachwuchs-Sängerinnen machten den Anfang, dann sang der Männerchor aus vollem Herzen wunderbare Berg-Lieder. Ihnen folgte der Frauenchor mit Liedern in unterschiedlichen Sprachen. Auch die Sängerinnen waren mit ganzer Seele dabei. Ihre leuchtend smaragdgrünen Accessoires blitzen genauso fröhlich auf wie ihre begeisterten Augen. Nach heftigem Applaus gab's noch Sekt und einen Imbiss vor der Kirche, wir unterhielten uns prächtig und die Sänger waren in Bestlaune. Ihre Freude über das erfolgreich bewältigte Programm färbte auf die Besucher ab. Die fröhliche Runde unter einem Mondhimmel, das war unvergesslich. Die Patronin der Kirchenmusik, die heilige Cäcilia, hat sicher ihre Freude an beiden Konzerten gehabt. Ich natürlich auch. Und wie viel Freude Gesang dem Sänger selbst machen kann - das konnte man in St. Wigbert mit Händen greifen.
Angeblich gibt es in Deutschland über drei Millionen Menschen, die in einem der weit über 60.000 Chöre singen. Ich finde, das ist nicht ein einziger Chor zuviel. Denn es kommt überhaupt nicht darauf an, wie kostbar ein Instrument oder wie berühmt ein Chor ist. Was wirklich zählt ist die Freude an der Musik. Und die stellt sich ein, wo jemand mit ganzem Herzen dabei ist. Vielleicht sogar viel leichter, wenn man damit nicht sein täglich Brot verdienen muss.

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Wenn eine Arbeitswoche so richtig vollgepackt und anstrengend ist, dann heißt es manchmal unter Kollegen: „Also, heute abend, da setz ich mich einfach nur vor die Glotze." Beine hoch legen, ausspannen, sich unterhalten lassen. Gerade wenn's draußen kalt wird, klingt das ganz gemütlich. Heute, am Weltfernsehtag, darf man sich ja auch mal offen dazu bekennen.
Am schönsten finde ich immer noch, wenn man zusammen guckt. Dann kann man sich gemeinsam aufregen, miteinander auf's Ende gespannt sein - und hinterher sich lang und breit darüber auslassen, wie man das nun fand, was man da „geglotzt" hat. Manchmal gibt's das ja noch. Sendungen, über die ich mich am Tag danach mit Freunden austausche. Und genau dann finde ich Fernsehen klasse: Es verbindet die unterschiedlichsten Menschen und bringt sie dazu, sich über einen Film, ein Thema, über bestimmte Personen und deren Meinungen auszutauschen.
Vor einiger Zeit sagte ein Mainzer Priester bei einer Diskussion: „Unsere Angebote müssen Tiefgang haben, damit eben jeder etwas darin für sich finden kann",. Und er sprach nicht vom Fernsehprogramm, sondern von der Art, wie Gottesdienste heute sein müssten, damit sie die Menschen ansprechen.
Recht hat er, finde ich. Eine Tiefe, die alle anspricht. Jesus hat das genauso gemacht. Er hat vor Zöllnern und Pharisäern, vor Handwerkern und Schriftgelehrten genauso gesprochen. Er sprach ihre Sprache. Aber er redete ihnen nicht nach dem Mund. Und seine Zeitgenossen erkannten: Da redet einer in Vollmacht. Ohne dem Volk das zu erzählen, was es vermeintlich hören will. Sondern eine Botschaft mit Tiefgang, von der alle etwas haben. Auch wenn sie Widerspruch herausfordert.
Genau das wünsche ich mir heute vom wunderbar unterhaltsamen Medium Fernsehen. Dann kann man ganz entspannt dasitzen und hat hinterher trotzdem nicht das Gefühl, seine Zeit vergeudet zu haben

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„Die besten Beerdigungen der Welt" - so heißt ein Kinderbuch. Ich habe es den Kindern in der Grundschule einmal vorgelesen. Es handelt von Kindern, die mit dem Tod konfrontiert werden, als ihr Haustier stirbt. Instinktiv spüren sie, dass jetzt etwas zu tun sei. Und so gründen sie kurzerhand im Spiel ein Bestattungsinstitut, in dem jedes Kind seine Rolle zugewiesen bekommt. Es wird erzählt, dass Ester fürs Schaufeln zuständig ist, „ich" für ein Gedicht am Grab und der kleine Putte soll dazu weinen. Auf diese Weise gelingt es den Kindern, ganz natürlich und unsentimental von ihren geliebten Tieren Abschied zu nehmen und sie würdevoll zu beerdigen.
Die schönen Bilder und Texte in dem Buch erinnern mich daran, wie ich als Kind mit dem Tod umgegangen bin. Nämlich unbefangen. Der Tod gehörte irgendwie dazu und war unser ständiger Begleiter. Später veränderte sich dieser Umgang. Der Tod wurde mir fremd, machte mir Angst. Wie die meisten Menschen wollte auch ich ihm ausweichen. In Zeiten des Studiums und der praktischen Ausbildung als Pfarrer musste ich dann wieder mühevoll lernen, den Tod an mich heranzulassen und ihm nicht aus dem Weg zu gehen.
Die Geschichte von Ester, Putte und den anderen Kindern ist eine anrührende Geschichte, die zeigt, wie entspannt und unverkrampft Kinder mit dem Tod umgehen.
Übermorgen ist Totensonntag. In der evangelischen Kirche heißt dieser Tag auch Ewigkeitssonntag. Denn nicht der Tod hat das letzte Wort, sondern Gottes Ewigkeit. Und daran glaube ich: dass unsere lieben Verstorbenen nicht einfach nur tot sind. Sie sind bei Gott in guten Händen, auch wenn der Abschied von ihnen alles andere als einfach war und ist. Auch wenn die, die zurückbleiben sich einsam und hilflos vorkommen. Gott hat uns versprochen: einmal wird die Welt ohne Leiden und Schmerz sein, ohne Trennung und Tränen. Einmal wird der Tod seinen Schrecken verlieren. Die Bibel nennt das „einen neuen Himmel und eine neue Erde", und „Gott mitten unter den Menschen".
Wenn Sie einen lieben Menschen verloren haben und am Sonntag sein Grab besuchen, dann wünsche ich Ihnen, dass Sie die Kraft spüren, die in diesem Versprechen liegt. Und: dass Sie irgendwann so entspannt und unverkrampft mit dem Tod umgehen können wie die Kinder in ihrem Spiel.

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Burgen und Schlösser faszinieren mich. Sie sind Stein gewordene Geschichte und Stein gewordener Glaube. Als ich vor ein paar Wochen gemeinsam mit meiner Frau eine Schiffstour durch das obere Mittelrheintal unternommen habe, da konnte ich erleben, wie mächtig diese Bauwerke bis heute sind. Sie schmiegen sich in die Landschaft ein und sind doch Zeichen des Kampfes und der Überlegenheit. Die meisten Burgen wurden nämlich als Festungen errichtet, um den nahenden Feind auf Distanz zu halten und sich zurückzuziehen, wenn es nötig ist. Hinter den schützenden Burgmauern war man in Sicherheit.
Der Beter von Psalm 71 vergleicht Gott mit solch einer Burg. Er sagt: „Sei mir ein starker Hort, zum dem ich immer fliehen kann, der du zugesagt hast, mir zu helfen; denn du bist mein Fels und meine Burg." So redet jemand, der weiß, dass unser Leben nicht frei ist von Stress und Konflikten. Der aber trotzdem davon ausgeht: das alles wird nicht das letzte Wort haben. Weil wir zu Gott immer fliehen können. Wie in einen starken Hort und eine feste Burg.
Daran hat Martin Luther gedacht, als er sein weltbekanntes Lied geschrieben hat: „Ein feste Burg ist unser Gott". Sicher hat er auch oft einen anderen Psalm gebetet. In dem heißt es: „Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben. Darum fürchten wir uns nicht, wenn gleich die Welt unterginge und die Berge mitten ins Meer sänken, wenngleich das Meer wütete und wallte und von seinem Umgestüm die Berge einfielen. [...] Der Herr Zebaoth ist mit uns, der Gott Jakobs ist unser Schutz."
Ich wünsche Ihnen, dass die Texte der Bibel und der christlichen Tradition Ihnen Kraft geben in allen Situationen, die das Leben für uns bereit hält. Dass diese Worte in Ihnen zu leben beginnen, dass Sie von ihnen getröstet werden und spüren können, dass Gott Ihre Zuversicht und Stärke ist, eine Burg, zu der Sie und ich immer fliehen können!

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Ich habe einen guten Freund. Mit ihm kann ich über alles reden. Wir kennen uns seit unserer gemeinsamen Schulzeit. Später haben wir beide Theologie studiert. Ich evangelische, er katholische Theologie. Wenn wir uns hin und wieder treffen, dann klönen wir miteinander, sprechen über dies und das, aber auch über handfeste Themen. Über unsere Sorgen, unsere Ängste, die wir haben, auch über unsere Sehnsüchte und Hoffnungen. Wir sind füreinander so etwas wie geistliche Begleiter. Dass er katholischer Priester ist und ich evangelischer Pfarrer bin, spielt da keine Rolle. Es reicht, dass ich weiß: er ist da und er versteht mich. Er hört mir zu. Bei ihm kann ich mich aussprechen, ohne Angst zu haben, das Gesicht zu verlieren. Ich weiß: Er geht vertrauensvoll mit dem um, was ich ihm sage. Und umgekehrt genauso. Es tut einfach gut, sich einmal alles vom Herzen und von der Seele zu reden.
Heute ist Buß- und Bettag. Dieser Tag erinnert daran, dass wir alle Schwächen haben. Und: dass wir unsere Schwächen nicht verstecken müssen. Ehrlich sein mit sich selbst und mit anderen - darum geht es am Buß- und Bettag. Heute können wir das ein bisschen einüben. Damit es im Rest des Jahres besser geht. Ehrlich sein, das beginnt damit, dass ich mich öffne - vor mir selbst, vor anderen und vor Gott. Wer ein bisschen Mut hat und es zulässt, wird erleben, wie befreiend das ist. Wie gut es tut.
Es ist wie mit meinem Freund. Mit ihm rede ich nicht lange um den heißen Brei, sondern sage, was mich bewegt und was Sache ist. Und er hört zu. Er kann das. So bekomme ich Klarheit über mich und mein Leben. Werde wie neu und kann wieder neu anfangen. Und wenn wir dann auseinandergehen, dann freuen wir uns schon auf unser nächstes Treffen. Weil wir spüren, wie wichtig es ist, ab und zu innezuhalten, um unser Leben zu überdenken und uns als Menschen auch vor Gott zu prüfen. Für mich hat Buße mit der inneren Bereitschaft zur Veränderung und Umkehr zu tun. Ich mag Veränderungen. Und ich mag es, von Zeit zu Zeit umzukehren. Weil ich einen habe, der mich dabei begleitet. Einen, den mir der Himmel - Gott - geschickt hat. Und wie ist das bei Ihnen?

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- vom Kampf gegen die Zeit
Zeit - was fällt Ihnen zu diesem Wort ein? Mir fällt dazu ganz viel ein: Zeitdruck, Zeitmangel, Lebenszeit. Aber auch Schonzeit, Freizeit und Reifezeit. Zeit zu haben oder nicht zu haben, beeinflusst unser Leben. Wenn uns langweilig ist, haben wir das Gefühl, dass unser Leben wie in Zeitlupe vergeht. Wenn wir etwas erleben, was uns nicht weiterbringt, dann ärgern wir uns, dass wir die Zeit verplempern. Und wenn der Jahreswechsel näher rückt, dann nehmen wir uns fest vor, uns im nächsten Jahr mehr Zeit für dieses oder jenes zu nehmen.
Jetzt im November fragen sich viele, ob die Zeit wirklich alle Wunden heilt. Ob die Schmerzen, die Trauer und all das wirklich mit der Zeit einfach vergeht. Das fragen sich die, die ihre Zeit nun ohne einen geliebten Menschen verbringen müssen, weil der gestorben ist. Die Zeit, die wir haben oder nicht haben, die beeinflusst unser Leben. Die einen wollen mehr Zeit haben, die anderen haben zu viel davon.
„Alles hat seine Zeit", sagt der Prediger Salomo im Alten Testament. Und er meint damit, dass es für alles im Leben eine von Gott geschenkte Zeit gibt. Für das Lachen und das Weinen, für Freude und Tanz, für Geborenwerden und Sterben. Eigentlich ganz simpel. Und trotzdem ein Gedanke, den ich oft in meinem Leben verdränge. Denn wer will schon ans Sterben denken?!? Wer will schon daran denken, dass es auch eine Trauerzeit gibt?!? Gedanken an den eigenen Abschied aus dieser Welt und den Abschied von Menschen, die vor mir sterben, die vermeide ich lieber. Der Prediger Salomo sagt: Auch wenn die Zeiten sich ändern, deine Zeit ist kostbar. Nutze sie, so gut es geht. Es ist geschenkte Zeit. Denn alles im Leben ist der Vergänglichkeit unterworfen. Auch die Zeit, die so schnell verrinnt.
Mir hilft es, wenn ich mir das einmal klar mache. Es bringt mich dazu, von Zeit zu Zeit Bilanz zu ziehen und so Zeit zu gewinnen für das, was wirklich wichtig ist und mir gut tut. Kämpfen Sie nicht gegen die Zeit, sondern geben Sie ihr eine Chance. Und es wird Ihre Zeit werden.

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- was ein Kletterwald uns lehren kann
Über sich selber hinauswachsen - das ist eine ganz wunderbare Erfahrung. Wie das ist, habe ich vor kurzem in einem Kletterwald erlebt. Da war ich mit meinen Konfirmanden. Ein Kletterwald, das ist ein wunderbarer Ort, um in der Natur die eigenen Grenzen auszutesten und dabei mit anderen viel Spaß zu haben. Gemeinsam haben wir die höchsten Baumwipfel erklommen und einen Parcours nach dem anderen absolviert. Das war manchmal gar nicht einfach. Jeder von uns kam früher oder später an seine Grenzen. Aber aufgegeben hat niemand. Es war schön zu sehen, wie meine Konfirmanden regelrecht über sich selbst hinausgewachsen sind. Wie mutig - und auch ein bisschen ängstlich - sind sie in ihren Sicherungsgurten gehangen. Manchmal haben sie sich nur mit letzter Kraft auf die nächste Plattform gerettet. Unterwegs haben sie sich gegenseitig geholfen. Haben sich unterstützt und angefeuert. Waren stolz auf ihre Leistung und hatten hinterher eine Menge zu erzählen. Unseren Ausflug in den Kletterwald werden sie noch lange in Erinnerung behalten.
Für mich kommt in diesem Gemeinschaftserlebnis zweierlei zum Ausdruck: es ist wichtig, die eigenen Grenzen kennen zu lernen. Und sie zu akzeptieren, vielleicht sie hier und da auch einmal zu überschreiten. Und zweitens: Als Teil einer starken Gemeinschaft kann man über sich selbst hinauswachsen. Es braucht im Leben solche Erfahrungen, in denen ich merke: Ich kann mehr, als ich eigentlich dachte. Und die anderen meinen es gut mit mir. Sind genau wie ich auf dem Weg und helfen mir, damit wir gemeinsam an unser Ziel kommen.
Auf der Fahrt nach Hause habe ich meine Konfirmanden gefragt: Was war denn für euch am Besten? Einer sagte: mir hat es vor allem deshalb solchen Spaß gemacht weil ich nicht alleine war. Mit den anderen ist es viel lustiger gewesen.
Und ich frage: Ist das mit der Kirche und dem Glauben an Gott nicht ganz genau so? Um an Gott zu glauben, brauche ich keine anderen Menschen. Aber in der Gemeinschaft mit anderen glaubt es sich viel besser. Denn dann bekommt mein Glaube Hand und Fuß. Wenn ich z.B. mit anderen gemeinsam Gottesdienst feiere oder mich für Alte und Kranke einsetze. Oder wenn ich Jugendlichen einen Ort biete, an dem sie sich wohlfühlen und Zeit verbringen können mit Freunden. Und wenn ich Schönes und Trauriges mit anderen teilen will, gilt das auch. Gemeinsam hangeln wir dann von Ast zu Ast und wachsen über uns selbst hinaus.

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Elfer Elfter, nicht nur Beginn der Karnevalszeit, sondern auch der Tag des Heiligen Martin von Tours. Er ist ein prominenter Heiliger. Martinszug, Martinsgans und Martinsfeuer zeugen davon. Seltsam nur, obwohl fast jeder den Heiligen Martin kennt, ist kein deutscher König oder Kaiser nach ihm benannt. Auch in der langen Liste der französischen Herrscher findet sich keiner mit seinem Namen. Und das obwohl der heilige Martin im Frankenreich, aus dem ja sowohl Frankreich als auch Deutschland hervorgegangen sind, der Nationalheilige war. Die berühmte Bettlergeschichte hätte doch eigentlich gut in das Selbstbild eines Königs oder Kaisers gepasst: Der edle Ritter, der seinen Soldatenmantel mit einem frierenden Bettler teilt. Aber die Herrscher dieser Welt wussten wohl wie die Geschichte von Martin weitergeht. Denn nach der Mantelteilung verlässt Martin das Militär. Mit dem Schwert zu kämpfen, kann er nicht mehr mit seinem Glauben an Jesus Christus vereinbaren, so Originalton Martin. Er ist also eher der Schutzpatron der Kriegsdienstverweigerer als der Soldaten. Und so einer taugt natürlich nicht unbedingt als Namensgeber für Könige und Kaiser. Auch in der langen Liste der Päpste findet sich der Name Martin nur fünf Mal. Wahrscheinlich, weil Martin auch für die Kirchenoberen eher ein unbequemer Heiliger ist.  Die Legende erzählt, dass das Volk ihn zum Bischof macht und eben nicht der Papst oder andere Bischöfe. Sein einfacher Lebensstil war bekannt. Auf seinen prunkvollen Bischofsstuhl hat er sich niemals gesetzt, das hat natürlich provoziert. Wenn auch die Herrscher dieser Welt gar nicht oder nur selten seinen Namen trugen, das Volk hat Martin immer sehr verehrt. So gibt es bei uns an Rhein und Mosel keinen Heiligen, dem mehr Kirchen und Kapellen geweiht sind. Die einfachen Leute und gerade auch die Kinder lieben den Heiligen Martin. Und das ist für einen Heiligen auch wichtiger als dass Kaiser und Könige seinen Namen tragen.

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